Thema war “Die Zukunft der Medien”, speziell, “Wem gehört die Öffentlichkeit?”. Hier beklagte sich der Programmdirektor im Zusammenhang mit geringen Einschaltquoten bei einem kürzlich gesendeten TV-Drama über Atomkraft darüber, dass die jungen Menschen von heute jegliches Bildungsinteresse verloren hätten.
Ärger im Publikum
Als der ORF-Gewaltige seiner Überzeugung Ausdruck gab, dass die Jugend kein Interesse an der Realität habe und nur im “Scheiß-Internet, in das sich die jungen Menschen verkriechen”, kommuniziere und Anteil nehme, reagierte das zum größten Teil junge Publikum im Saal.
Der ebenfalls zum Podium geladene Lektor Heinz Wittenbrink vom Studiengang Journalismus und Unternehmenskommunikation an der Fachhochschule Joanneum erwähnte den gelungenen Online-Wahlkampf von Barack Obama als Beispiel für die Bedeutung moderner Netzwerke. Als der ORF-Programmchef weiterhin die Relevanz des Internet für die Lebensrealität ablehnte, kochte die Stimmung im Publikum über. Ein Besucher sprach Lorenz gar ironisch mit “Präsident McCain” an, was dieser mit der Antwort ”Das ist gemein” zurückwies.
Scheißegal, was da drinnen steht …”
Wolfgang Lorenz verlor in der Hitze der Debatte immer wieder die Beherrschung. Er betonte in der nun belebten Podiumsdiskussion, es sei ihm scheißegal, was da drinnen steht und was Jugendliche darin machen”. Und zum Thema Fernsehen und junge Zielgruppe: Junge Leute müssten sich schon selbst darum kümmern, dass sie im Fernsehen gehört werden. Und: es sei ihm scheißegal, ob sie zuschauen oder nicht”.
“Jenseits von Mut und Zivilcourage”
Der ORF-Programmdirektor relativierte seine Aussagen später im reflektierteren Gespräch mit Medien: “Ich finde das Internet per se überhaupt nicht Scheiße! Aber ich finde es absurd, dass die Jungen jenseits von Mut und Zivilcourage quasi in den elektronischen Underground abtauchen. Das ist Verlust an gesellschaftspolitischer Relevanz.”
“Das war ein isoliertes Statement auf eine spezielle Aussage eines Teilnehmers, er interessiere sich nicht für das obsolete Thema ‘Atomkraft’ anhand des Beispiels ‘Der erste Tag’. Darauf die Antwort”, rechtfertigt Lorenz seine Aussagen.
Er selbst verbringt nicht viel Zeit im Netz. Lorenz: “Ich hole aus dem Internet, was ich brauche (und das ist wenig). Also bin ich Täter und nicht Opfer.”
Auch ORF-Sprecher Strobl relativiert die “Scheiß-Internet”-Aussage von Lorenz, sie sei ein “Missverständnis” und aus der Debatte heraus entstanden. Strobl verweist freilich auf die zahlreichen Webaktivitäten des ORF. Zur Wortwahl meint er: “Diese Sprache ist nicht die im ORF gebräuchliche”.
Gerüchten zufolge soll es in der obersten Riege des ORF demnächst ohnehin zu einem Wechsel der führenden Köpfe kommen. Lesen Sie mehr dazu!
Quellen: Chilli.cc, Standard, lehofer.at
Webtipp:wissenbelastet.com
Reaktion: scheissinternet.at sammelt Reaktionen diverser Blogger über Twitter.com in Echtzeit zu einem kollaborativen offenen Brief und demonstriert die Bedeutung der Interaktion in einer vernetzten Öffentlichkeit. Das Internet ist die Verwebung von Webseiten, Services und dessen Usern. Mit anderen Worten: Das Internet sind wir, die User.
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