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Scharia-Schiedsspruch in Wien anerkannt – Politik reagiert mit scharfer Kritik

Schilchegger warnt vor "islamischen Parallelgesellschaften"
Schilchegger warnt vor "islamischen Parallelgesellschaften" ©APA/HELMUT FOHRINGER
Ein Urteil des Landesgerichts Wien sorgt derzeit für heftige Debatten: Die Entscheidung, dass ein zivilrechtlich vereinbarter Schiedsspruch auf Basis der Scharia in Österreich rechtlich zulässig ist, ruft politische Empörung hervor. Besonders aus den Reihen von ÖVP und FPÖ kommt scharfer Protest.
Wiener Entscheidung: Islamisches Recht kann im Privatrecht greifen

Im konkreten Fall hatte sich ein Mann per Schiedsvereinbarung dazu verpflichtet, eine vermögensrechtliche Streitigkeit auf Grundlage islamischer Rechtsnormen beizulegen. Die entsprechende Formulierung lautete: "Das Schiedsgericht entscheidet anhand der islamischen Rechtsvorschriften (Ahlus-Sunnah wal-Jamaah) nach Billigkeit in der Sache nach bestem Wissen und Gewissen."

Das Landesgericht Wien erklärte den darauf basierenden Schiedsspruch für rechtsgültig, da die Vereinbarung zivilrechtlich erfolgt sei und das Ergebnis nicht gegen die Grundwerte des österreichischen Rechts verstoße.

Plakolm: "Scharia hat mit Österreich nichts am Hut"

Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) zeigte sich deutlich irritiert über die Entscheidung: "Die Scharia hat mit Österreich und den Grundsätzen unserer Verfassung nichts am Hut und das soll auch so bleiben."

Plakolm verwies darauf, dass die Bundesregierung bereits im Mai das Justizministerium beauftragt habe, bis Jahresende konkrete Vorschläge vorzulegen, um die Anwendung der Scharia z. B. im Standesamtsbereich künftig auszuschließen. "Die Scharia-Regeln gehören nicht nach Österreich und daher gehe ich davon aus, dass wir zeitnah die entsprechenden Vorschläge vorgelegt bekommen."

FPÖ warnt vor "Aufwertung islamischer Parallelgesellschaften"

Im aktuell kontrovers diskutierten Fall, über den zunächst "Die Presse" berichtet hat, hatten zwei Männer vereinbart, dass das Schiedsgericht bei vertraglichen Streitigkeiten anhand der islamischen Rechtsvorschriften entscheiden soll. Einer der Männer zweifelte allerdings die Rechtmäßigkeit an, nachdem er nach einem Entscheid des Schiedsgerichts 320.000 Euro zahlen sollte. Die Scharia werde nämlich von Gelehrten verschieden ausgelegt und die Berufung auf diese verstoße gegen Grundwerte des österreichischen Rechts. Das LG bestätigte allerdings den Schiedsspruch, weil das Ergebnis nicht den österreichischen Grundwertungen widerspreche. Islamische Rechtsvorschriften könnten für vermögensrechtliche Ansprüche "in einer Schiedsvereinbarung wirksam vereinbart werden".

FPÖ-Verfassungssprecher Michael Schilchegger sah darin am Dienstag eine Aufwertung "islamischer Parallelgesellschaften". "Wenn nun auch österreichische Gerichte fortan Schiedssprüche auf Basis der 'Scharia' anerkennen, unterwerfen sie sich dem Willen fanatischer Islamisten", warnte er in einer Aussendung. Schilchegger forderte eine "rasche und entschlossene Reaktion des Verfassungsgesetzgebers" und kündigte einen weiteren Gesetzesantrag der FPÖ zur Anpassung des Islamgesetzes an, der die implizite Anerkennung und Anwendung der Scharia durch österreichische Behörden und Gerichte verunmöglichen soll. "Werden österreichische Regierungen nicht endlich als Reformkraft aktiv, sondern akzeptieren, was Gerichte im Elfenbeinturm entscheiden, dann werden es bald islamische Gerichte sein!", so Schilchegger.

Formale Rahmenbedingungen entscheidend

Das Gericht betonte, dass nicht der Inhalt des Scharia-Rechts geprüft wurde, sondern ausschließlich die formale Vereinbarung im Rahmen des Zivilrechts. Vereinbarungen, die sich auf ausländisches oder religiöses Recht stützen, sind zulässig, sofern sie nicht im Widerspruch zu den Grundwerten des österreichischen Rechts stehen.

(VOL.AT/APA)

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