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"Sausi" hat die Kurve gekratzt

Herbert Sausgruber hat es doch wieder geschafft. Der 62-jährige Langzeit-Chef der Vorarlberger ÖVP sicherte seinen Schwarzen am Sonntag bei der Landtagswahl trotz eher ungünstiger Prognosen doch noch einmal die absolute Mehrheit und kann es sich nun aussuchen, ob er es einmal alleine versuchen will oder doch wieder freiwillig einen Koalitionspartner in die Regierung aufnimmt.
Sausgruber im Video-Interview
"Sausi" hat Kurve gekratzt
Bundes-ÖVP: Kurs bestätigt

Angekündigt hat Sausgruber, die ganze Legislaturperiode durchzudienen. Beobachter erwarten aber eher, dass er in etwa zwei Jahren einen Generationenwechsel einleiten und seinen Lieblingsschüler Markus Wallner zum Landeshauptmann machen könnte.

Sausgruber hatte im Wahlkampf hoch gepokert. Mit der Devise absolute Mandatsmehrheit oder Rücktritt band er sein persönlichliches Schicksal direkt an den Willen der Wähler. Zudem wagte er sich weit heraus, als er die FPÖ wegen der antisemitisch empfundenen Aussagen von Landeschef Dieter Egger für die Zukunft aus der Regierung warf, ein Schritt, den auch in der eigenen Partei nicht alle für geschickt hielten. Letztlich ging die Polarisierung auf, Sausgruber schaffte sogar die Absolute in Stimmen.

Ein Hauptmotiv für seine Wiederkandidatur war laut Sausgruber eigentlich, die “rot-grüne Philosophie” zu verhindern. Die Politik “seiner” ÖVP wiederum umfasst ein weites Spektrum von (ziemlich) weit links bis (ziemlich) weit rechts. Sozial gibt sich die Landes-ÖVP unter Sausgruber etwa, indem sie Zuschüsse für Familien und Pflege erhöht, die Tarife für Strom und öffentlichen Verkehr einfriert und den höchsten Heizkostenzuschuss aller Länder hat. Andererseits beschlossen ÖVP und FPÖ 2008 ein Gesetz, das den Bau von Minaretten möglichst verhindern soll.

Sausgruber ist Umfragen zufolge der mit Abstand bekannteste und beliebteste Politiker im Ländle – was kein Zufall ist. Werte, Denkweise und Auftreten des Landeshauptmanns scheinen zum westlichsten Bundesland zu passen: Vorarlbergs Regierungschef zeigt sich meist höflich bis freundlich, legt seine Zurückhaltung aber so gut wie nie ab. In der Sache ist Sausgruber keiner, der seine Position leicht aufgibt. Seine Vision ist ein wirtschaftlich starkes Vorarlberg mit menschlichem Antlitz. Seine Kritiker im Ländle sprechen ihm freilich jegliche Fähigkeit zur Vision ab. Für sie ist Sausgruber Verwalter, nicht Gestalter.

In Wien ist Sausgruber für seine alemannische Liebe zu größtmöglicher Eigenständigkeit bekannt, als Verfechter der Rechte der Länder und des Subsidiaritätsprinzips. Als alemannische Eigenschaft gilt auch Sausgrubers tiefe Heimatverwurzelung. Ihm möglicherweise zugedachte Aufgaben in der Bundeshauptstadt hat er stets abgelehnt. Dafür mischt er stets mit, wenn es um Bereiche geht, die für die Länder Relevanz haben – von Verwaltungsreform bis Finanzausgleich hat Sausgruber auch im Bund ein gewichtiges Wort mitzureden.

Sausgrubers Ernennung zum Landeshauptmann am 2. April 1997 war die beinahe logische Konsequenz einer politischen Bilderbuchkarriere: Seit 1972, nach seiner Promotion zum Doktor der Rechte und der Gerichtspraxis, steht Sausgruber im Landesdienst. Die politische Laufbahn begann drei Jahre später, als er in seinem Heimatort Höchst (Bezirk Bregenz) in die Gemeindevertretung gewählt wurde.

1979 in den Vorarlberger Landtag gekommen, übernahm Sausgruber bereits 1981 das Amt des Klubobmanns der ÖVP-Fraktion. Seit Oktober 1986 ist Sausgruber Landesparteiobmann der Vorarlberger Volkspartei und hat dort das alleinige Sagen. Am 24. Oktober 1989 wurde er erstmals in die Landesregierung berufen, im Mai 1990 zum Landesstatthalter (Landeshauptmannstellvertreter) gewählt. Nach der Landtagswahl 1994 wurde er zum Nachfolger des damaligen Landeshauptmanns Martin Purtscher designiert. 1999 und 2004 wurde Sausgruber als Landeshauptmann wiederbestellt. 2004 eroberte die ÖVP bei der Landtagswahl außerdem die fünf Jahre zuvor erstmals verlorene absolute Mandatsmehrheit zurück.

Sausgruber ist seit 1973 mit seiner Frau Ilga verheiratet, Vater zweier Söhne sowie einer Tochter sowie vierfacher Großvater. Als politisches Vorbild gibt er u.a. den Vorarlberger Alt-Landeshauptmann Ulrich Ilg an. Zum Ausgleich geht Sausgruber täglich joggen.

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