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Sanktionsdebatte vs. Sachthemen

Während sich die Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ im EU-Wahlkampf einmal mehr auf das Sanktionen-Thema stürzten, versuchte sich die Opposition mit Sachthemen zu positionieren.

Die SPÖ präsentierte fünf Initiativen für ein soziales Europa und die Grünen drängten auf einen europäischen Atom-Ausstieg. Indessen riefen die Sozialpartner zur Teilnahme an der Wahl am 13. Juni auf. „Wer sich über die fehlenden demokratischen Einflussmöglichkeiten auf europäischer Ebene ärgert, sollte demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten auch wahrnehmen“, heißt es in dem gemeinsamen Appell von Arbeiterkammer, ÖGB, Industriellenvereinigung, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer.

Seitens der Volkspartei wurde am Donnerstag betont, man rechne durch die Sanktionen-Debatte – sie wurde vergangene Woche aufgebracht von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (F), der einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Klärung der Rolle des SPÖ-Spitzenkandidaten Hannes Swoboda in der Sanktionen-Zeit forderte – mit einem „Vertrauensverlust“ der Wähler gegenüber der SPÖ. Generalsekretär Reinhold Lopatka ortete zudem „Widersprüchlichkeit“ und einen „Zick-Zack-Kurs“ der SPÖ, von der Türkei-Frage bis zum Thema Wasser. Die gestrige Kritik des österreichischen EU-Kommissärs Franz Fischler (V) an den FP- und VP-Angriffen auf Swoboda relativierte Lopatka: dieser habe lediglich die Wortwahl der FPÖ verurteilt, nicht aber den Wahlkampf der ÖVP.

Die Freiheitlichen bekräftigten ihre Forderung nach einem U-Ausschuss zu den EU-Sanktionen des Jahres 2000. Nachdem der Koalitionspartner dieses Anliegen allerdings bisher nicht unterstützt, forderten sie am Donnerstag von Nationalratspräsident Andreas Khol (V) ein Gutachten ein, das die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten abklären soll. „Wir wollen Aufklärung“, so Klubobmann Herbert Scheibner in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der geschäftsführenden Parteiobfrau Ursula Haubner. Ohne den Koalitionspartner werde man nichts unternehmen, sicherte Scheibner zu: „Wir sind Pakt treu, das wissen Sie.“ Die ÖVP werde allerdings Erklärungsbedarf haben, wenn sie einen U-Ausschuss auch nach einem positiven Gutachten weiter ablehne.

Die SPÖ legte am Donnerstag fünf Initiativen für ein soziales Europa vor. Die Schwerpunkte: Jugendbeschäftigung, Wirtschaftswachstum, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Daseinsvorsorge, Vertretung österreichischer Interessen in der EU. Die zentrale Herausforderung für die Union sei es, für Wirtschaftswachstum und damit Beschäftigung zu sorgen, betonte SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer. Derzeit würden die dahin gehenden Lissabon-Ziele nämlich nicht verfolgt. In Richtung ÖVP und FPÖ, deren Angriffe auf Swoboda Gusenbauer einmal mehr verurteilte, meinte der SPÖ-Vorsitzende: es brauche eine professionelle, sachliche, seriöse und durchsetzungskräftige Europapolitik.

Die Grünen wiederum pochten auf einen europäischen Atom-Ausstieg. Bei der morgigen Sondersitzung des Nationalrats zur EU-Verfassung, die von ihnen angestrengt wurde, wollen sie dazu u.a. wissen, welche Maßnahmen die Regierung für den europaweiten Atomausstieg setzt. Die ÖVP habe im EU-Parlament gegen eine Revision des Euratom-Vertrags gestimmt. Und für die Regierungskonferenz nach der EU-Wahl gebe es keinen Revisions-Antrag Österreichs, kritisierte Grünen-Spitzenkandidat Johannes Voggenhuber.

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