Warum hatte er eine Waffe im Schlafzimmer verwahrt, wenn doch gegen den Sohn, der als Waffennarr galt, seit 2007 ein Waffenverbot bestand? Dafür fand der Angeklagte sehr wohl eine Erklärung: Seit sein Sohn wegen einer Krankheit im Jahre 2006 einige Zeit im Koma gelegen sei, habe dieser unter Angstzuständen und Alpträumen gelitten. Um dem “subjektiven Sicherheitsgefühl” seines Sohnes zu dienen, erwarb der 48-Jährige eine reguläre Waffenbesitzkarte und kaufte die “Glock 21”. Er habe die Pistole in einem Safe gelagert und den Schlüssel in eine – nicht immer versperrte – Lade gelegt. “Ich habe die Waffe nie meinem Sohn übergeben. Ich wusste damals auch nicht, dass er selbstmordgefährdet war. Sonst hätte ich die Waffe nie besorgt”, betonte der Beamte.
Die Folgen waren fatal: Der mittlerweile 22-jährige Sohn schoss sich am 24. April nach einem Streit mit einer Freundin in den Kopf und wurde schwer verletzt. Um festzustellen, ob er tatsächlich einen freien Zugang zur Waffe hatte, befragte Einzelrichterin Karoline Edtstadler mehrere Zeugen aus seinem Bekanntenkreis. Die Burschen schilderten zwar, dass ihr Freund beim Fortgehen mitunter einen Pfefferspray, ein Messer und eine Schreckschusswaffe dabei hatte und eine solche auch in seinem Zimmer liegen hatte. Ob auf dem Nachtkästen auch eine “Glock” war, wussten sie nicht mehr genau. Auch nicht, ob der Vater ihm die Pistole mit Munition überlassen hatte. Der Sohn selbst entschlug sich im Zeugenstand der Aussage, was als Verwandter des Angeklagten sein Recht ist.
Die Richterin fand in dem Beweisverfahren keinen konkreten Anhaltspunkt, wonach der Beamte die “Glock” seinem Sohn freiwillig überlassen hätte. “Das hat nur aufgrund von Hörensagen stattgefunden.” Der Beschuldigte habe auch glaubwürdig ausgesagt, dass er den Schlüssel zum Tresor gesondert abgelegt habe. Dass er das Sicherheitsgefühl des Sohnes stärken wollte, habe sich im Nachhinein zwar als falsch herausgestellt. Doch der Vater, der nach der Krankheit alles für seinen Sohn habe tun wollen, “hat ja genug mitgemacht”, erklärte Edtstadler. Gegen den Beamten ist ein Disziplinarverfahren anhängig, er wurde wegen des Strafverfahrens vom Dienst suspendiert. Staatsanwältin Sonja Krünes gab nach dem Urteil keine Erklärung ab.