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Sachslehner hat schon recht

©APA/HANS PUNZ
Gastkommentar von Johannes Huber. Gerade in Wien ist die ÖVP verloren, wenn sie zur Mitte rückt oder mit den Grünen koaliert. Das ist aber die Sackgasse, in die sie sich selbst begeben hat.

Ex-ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner muss gelitten haben in den vergangenen Wochen und Monaten: Sie war verpflichtet, eine Politik zu vertreten, die nicht ihrer Welt entspricht. Vom Klimabonus für alle, die in Österreich leben, bis zur Regierungszusammenarbeit mit den Grünen. Am Ende ist sie zurückgetreten. Besser: Nachdem sie die Koalition gefährdet hatte mit ihrer Forderung, den Bonus zumindest für Asylwerber zurückzunehmen, wurde ihr nahegelegt, zu gehen.

Die Wiener ÖVP ist verloren. Nicht so sehr, weil Sachslehner für sie im Gemeinderat vertreten bleibt; oder weil Klubobmann Markus Wölbitsch solidarisch ist mir ihr. Sondern weil Stadtparteiobmann Karl Mahrer die Nase rümpft über den „Mitte-Rechts-Kurs“ der beiden. Er betreibt lieber Oppositionspolitik, die weder wahrnehm- noch zuordenbar ist, um nach der nächsten Gemeinderatswahl unter Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) als Vize dienen zu können. Das erinnert entfernt an die ÖVP unter einem seiner Vorgänger, nämlich Bernhard Görg, der diese Funktion unter Michael Häupl (SPÖ) von 1996 bis 2001 bekleiden durfte. Solide, aber hart an der Grenze zur Bedeutungslosigkeit.

Andererseits: Den Türkisen bleibt heute nur eine Wahl zwischen Pest und Cholera: 2020 haben sie ihren Stimmenanteil mit Hilfe eines Sebastian-Kurz-Effektes auf mehr als 20 Prozent verdoppeln können. Ein Drittel ihrer Wähler war von den Freiheitlichen zu ihnen gewechselt. Das war zugleich ein Auftrag, eine Politik zu machen, die diesen Leuten gefällt. Also blaue, wie sie nun eben auch von Sachslehner und Wölbitsch vertreten wird. Problem: Zumal das Original, also die FPÖ, wieder erstarkt, werden sie damit nicht weit kommen. Die Alternative, die durch Mahrer verkörpert wird, hat auch keine großen Erfolgsaussichten. Eine Wahl zwischen Pest und Cholera eben.

Das Ganze zu verdanken hat die Partei Sebastian Kurz: Er hat die Positionierung Mitte-Rechts vorgenommen und ist trotzdem eine Koalition mit den Grünen eingegangen; ja, er hat auch dem Klimabonus für alle zugestimmt. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, naheliegend wäre jedoch, dass er es nun angelegt hätte wie Sachslehner, um Wählerabwanderungen an die FPÖ zumindest einzudämmen oder überhaupt Neuwahlen zu provozieren.

Doch zurück in die Zukunft: Für die Wiener ÖVP ist da kein Licht. Klassische Bürgerliche, die nie im Leben rot wählen würden, sind schon vor Jahren entweder zu den Grünen oder zu den Neos abgewandert. Sie selbst ist gewissermaßen seelenlos zurückgeblieben und hat das unter Kurz nur dadurch kaschieren können, dass sie freiheitliche Politik kopierte und etwas anders wiedergab.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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