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Russisches Roulette der Energiepolitik

Schwarzach - Wir brauchen dringend die lange geforderte Energiewende. Dazu bedarf es aber auch durchdachter Konjunkturpakete, die nicht gleichzeitig neue Energieverbraucher forcieren.

Das dies möglich ist, zeigen aktuell die Vorzeige-Passivhausregion Vorarlberg und die eben erlassene Wiener Wohnbausanierungsverordnung.

Russisches Roulette in der Energiepolitik

Die Energiepolitik ist mittlerweile nichts anderes als russisches Roulette. Wann dreht Russland den Gashahn wieder auf oder ab? Unsere Öl- und Gasvorräte liegen in politisch instabilen Erdregionen. Eine Nabucco Gaspipeline in den Iran stellt da keine erlösende Alternative dar, sondern schafft nur neue Abhängigkeiten. Nach dem Motto “Tausche Putin gegen Ahmadinejad” – wirklich beruhigend. Ein Wechsel zu Kohlekraftwerken würde wiederum zum klimatischen Supergau führen.

Sofortiger Baustopp für alle fossilen Kraftwerksprojekte

Europa gerät immer tiefer in die Importabhängigkeit, weil die Eigenproduktion sinkt und der Energiehunger immer größer wird. Zudem sind in Österreich derzeit gleich mehrere neue Gaskraftwerke in Bau, Planung und Projektierung. Diese Kraftwerke würden einen zusätzlichen Gasverbrauch von bis zu 6 Mrd. m3 pro Jahr bedeuten, das wären drei Viertel des derzeitigen Jahresverbrauchs. Die Abhängigkeit von Erdgas würde dadurch dramatisch steigen, und ebenso die zusätzlichen CO2-Emissionen im Ausmaß von 12 Mio. Tonnen pro Jahr. Außerdem werden die CO2-Zertifikate verschenkt, und die Zeche zahlt natürlich der Steuerzahler. 2008 betrugen die Kompensationszahlungen über 500 Mio. Euro. Auch die eben eingegangene Verpflichtung Österreichs, unseren Anteil an erneuerbarer Energien von 24% bis 2020 auf 34% anzuheben, rückt damit gleich wieder in weite Ferne.

Die russischen Lieferstopps machen die energiepolitische Sackgasse immer deutlicher. Der Bau neuer Gaskraftwerke muss sofort gestoppt werden, da sie eine “Fehlinvestition in noch weitere Abhängigkeit” darstellen. “Zudem kosten Errichtung und 20 Jahre Betrieb der Gaskraftwerke fünfmal soviel wie eine echte Energieeffizienzoffensive für Strom und Wärme, die genauso viel Energie einfach einspart”, hat Lang, Geschäftsführer der IG Passivhaus Österreich bereits letztes Jahr beim Klimaschutzgipfel der Bundesregierung vorgerechnet.

Vorbildhafte Programme für höchste Energieeffizienz dringend erforderlich

Die Lösung liegt in einer engagierten Energiewendepolitik, um so bis 2030 zur Gänze unseren Energiebedarf durch erneuerbare Energien decken zu können. Dazu dient als Basis ein ambitioniertes Programm zur Steigerung der Energieeffizienz von 50% über alle Sektoren, und im Raumwärmebereich sogar von mindestens 70%.

Die eben beschlossenen Konjunkturpakete nützen nur dann etwas, wenn daran auch die höchsten Energieeffizienzkriterien geknüpft werden – auch zum Wohle der Nutzer. Dies ist großteils jedoch nicht der Fall, schon gar nicht bei den vorgezogenen Investitionen für die öffentlichen Bauten. Außerdem fordert die IG Passivhaus Österreich das 100 Millionen Konjunkturpaket für Investitionen in die thermische Sanierung bei Einhaltung höchsten Energieeffizienzkriterien auf 500 Millionen aufzustocken. Dass dies auch sozialpolitisch und volkswirtschaftlich sinnvoll umsetzbar ist, zeigen zwei Musterbeispiele für treffsichere Lenkungsmaßnahmen.

Wien will energieeffiziente Topsanierungen stark forcieren

Stadtrat Ludwig freut sich, dass mit der Sanierungsverordnung vom 16.12.2008 Wien einen ganz entscheidenden Impuls zur Forcierung der thermischen Sanierungsrate bei gleichzeitiger erheblicher Effizienzverbesserung setzt. So wird die Mindestanforderung bei der Sanierung von Wohnbauten um 40 % angehoben und die Höchstförderstufe von 65 kWh/m2a auf 10 kWh/m2a bis zum Passivhaus ausgeweitet. Besonders hervorzuheben ist aber, dass sich die sechs Förderstufen vom schlechtesten energetischen Standard bis zum Passivhausstandard um bis zum 12-fachen in der Förderhöhe verbessern! Das stellt einen echten Anreiz und Impuls für eine Konjunkturlokomotive bei gleichzeitiger Energieeffizienzwende dar.

Je besser die energetische Verbesserung umso höher die Belohnung durch die Wohnbauförderung, und gleichzeitig geringer die Heizkostenabrechnung. Ein doppelter finanzieller Gewinn, aber vor allem ein wesentlicher Gewinn an mehr Wohnkomfort und Unabhängigkeit von Öl und Gas. Außerdem werden 2009 in Wien mit rund 1.600 Wohneinheiten bereits 23% aller Neubauwohnungen in Passivhausstandard errichtet.

Vorarlberg – eine internationale Vorzeige-Passivhausregion

Bereits seit zwei Jahren praktiziert Vorarlberg erfolgreich bei allen geförderten neuen Mehrfamilienhäuser den Passivhausstandard. Damit hat Vorarlberg eine der höchsten Dichten an Passivhäusern und ist als europäische Vorzeige-Passivhausregion ein entscheidender Impulsgeber für die Österreichweite Entwicklung. Diesen konsequenten Weg des Energiesparens will Landeshauptmann Sausgruber weiter fortsetzen. Zu höchster Energieeffizienz werden die Bauherren auch durch die neue Landes-Wohnbauförderungsrichtlinie angehalten. Als Konjunkturlokomotive werden 2009/2010 zugesicherte Sanierungsdarlehen für die gesamte Laufzeit zinsfrei gestellt, und gelten für die energieeffizienteste Förderstufe sogar für 100% der Baukosten.

Nun liegt es an den Hausverwaltungen und Bewohnern diese Angebote auch möglichst umfassend zu nutzen. Schließlich könnte der durchschnittliche Haushalt von seinen Euro 1.400.- Heizkosten immerhin Euro 1.200.- ohne jeden Komfortverlust einsparen. Somit bräuchten Österreichs Haushalte 4,2 Milliarden Euro nicht mehr jährlich zum Fenster hinaus heizen und wir würden vermeiden, weiterhin beim russischen Roulette der Energiepolitik mitspielen zu müssen.

Quelle: IG Passivhaus Österreich

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