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Rudolf Gehring: Christliche Mission gescheitert

Rudolf Gehring hat sein Wahlziel verpasst. Heinz Fischer muss sich keiner Stichwahl gegen den Chef der "Christlichen Partei Österreichs" stellen. Trotzdem hat der 62-jährige Niederösterreicher seine erste Präsidentschaftswahl ganz passabel geschlagen.

Über fünf Prozent sind für den Vertreter einer Kleinstpartei, deren Ansichten nicht unbedingt dem Mainstream entsprechen, gar nicht so schlecht, auch wenn das Angebot durch den Verzicht von ÖVP, Grünen und BZÖ eher dünn war.

Rein inhaltlich ist der Vater von vier Töchtern und Großvater von fünf Enkeln dem sehr konservativen Spektrum zuzuordnen. Nicht umsonst hat er die ÖVP verlassen, weil sie ihm zu sehr ins Liberale geschwenkt war. Früher war offenbar noch alles besser in der Volkspartei, immerhin war er über viele Jahre Sekretär des niederösterreichischen ÖVP-Landeshauptmanns Siegfried Ludwig.

Heute gefällt ihm die Volkspartei nicht mehr, einzig im Cartellverband ist er noch mit Couleurnamen “Cato” tätig. Gehring ist ein Feind der Homo-Partnerschaft, da er gleichgeschlechtliche Liebe für einen “Irrweg” hält, und stellt die Fristenlösung in Frage, sei doch durch Abtreibungen mehr Leben zerstört worden als durch den Zweiten Weltkrieg.

Gehring beruft sich in seinen Ansichten zu einem großen Teil auf den katholischen Glauben. Er besucht möglichst täglich einen Gottesdienst, auch seinem Wahlkampf-Auftakt ging einer zuvor, was die Erzdiözese Wien endgültig auch offiziell auf Distanz gehen ließ. Gehring wähnte sich trotzdem der “spirituellen Unterstützung von Bischöfen und Priestern” sicher. Als Bundespräsident hätte er trotzdem die Trennung von Kirche und Staat beibehalten, sich aber gerne in die Gesetzgebung eingemischt. Eines seiner Lieblingsprojekte wäre ein Müttergehalt.

Persönlich trat der Christen-Chef im Wahlkampf aber durchaus gemäßigt und auch nicht unsympathisch auf, auch wenn manche seiner Ängste – etwa die vor dem Chippen von Menschen – etwas obskur wirkten. Trotzdem überraschten seine professionellen TV-Auftritte, so fiel Gehring etwa im TV-Duell gegen die freiheitliche Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz nicht ab.

Beruflich war Gehring über Jahre hinweg Verwaltungsjurist und Amtsleiter von Perchtoldsdorf. Derzeit ist er einerseits Pensionist, andererseits selbstständig in der Immobilienbranche tätig. Zeit für Politik blieb. Vor zwei Jahren hat er ein Kinder- und Familienvolksbegehren initiiert. Gleichzeitig trat er der Christlichen Partei Österreichs bei und ist seit mehr als einem Jahr deren Bundesobmann.

Was da noch an Freizeit übrig ist, verwendet Gehring auf Kirchenbesuche, Spaziergänge mit seiner Hündin und Familienreisen mit Gattin Edeltraud, ihm seit 37 angetraut. Der Christen-Chef bereist mit dem Wohnwagen die ganze Welt. Ob er mit diesem Verkehrsmittel auch Staatsbesuche bewältigt hätte, muss Gehring nach dem Wählervotum nicht mehr beweisen.

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