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Rot-Grüne Peinlichkeiten

©APA/HANS KLAUS TECHT
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Rathausparteien könnten dringend notwendige Akzente setzen. Aber nein, sie blamieren sich lieber.

Das „Rote Wien“ steht für sozialpolitische Errungenschaften, die man nicht gut finden muss. Sie sind jedoch über die Grenzen der Stadt hinaus vielen ein Vorbild und zum Teil bis heute erhalten. Von den Familienbädern, die speziell auf Kleinkinder ausgerichtet sind, bis zum Gemeindebau.

Vergleichbare Entwicklungen hat es schon lange nicht mehr gegeben. Dabei wären sie gerade jetzt wieder nötig. Beispiel: Frauen zählen zu den großen Verliererinnen der Pandemie, zumal Kinderbetreuung wie in den 1950er Jahren wieder auf sie zurückgefallen ist. Beruf und Karriere haben in ihrem Fall Pause. Schülern aus benachteiligten Verhältnissen hat „Homeschooling“ wiederum eher schlecht bekommen: Sie sind noch weiter zurückgefallen. Allein diese Lücken zu schließen und ganztägige bzw. ganzjährige Betreuungsangebote für Kinder von 0 bis 14 (oder darüber hinaus) weiter auszubauen, wäre eine große Aufgabe.

Aber nein, die SPÖ von Bürgermeister Michael Ludwig konzentriert sich lieber auf einen durchaus populistischen 25- bis 50-Euro-Gastro-Gutschein für alle Haushalte in der Stadt, also ganz besonders auch die vielen, die einen solchen sicher nicht brauchen; ein Almosen, das die Konjunktur ankurbeln soll, sozusagen – und die Grünen sorgen laut „Kurier“ auch noch dafür, dass sich die Umsetzung verzögert. Bravo!

Das ist umso bemerkenswerter, als die Grünen ja selbst eher nur symbolische Beiträge zur Verbesserung der allgemeinen Verhältnisse leisten: Vizebürgermeisterin Birgit Hebein setzt die Radweg-Tradition fort, ja forciert sie durch provisorische Pop-up-Strecken. Und weil im Übrigen auch Begegnungszonen nicht so schnell errichtet werden können, werden x-beliebige Straßen einfach lieblos zu solchen erklärt. Ergebnis: Kein Mensch hat sie als Begegnungszonen wahrgenommen, kein Mensch als Begegnungszonen genützt.

Dabei könnten ja gerade die Wiener Grünen viel mehr liefern, zumal sich ihre Leute auf Bundesebene an der Seite der allmächtigen ÖVP kaum trauen, aufzuzeigen. Klimapolitisch wird das Comeback Österreichs nach der Coronakrise daher eine Katastrophe: Die AUA fliegt wieder regelmäßig von Wien nach Graz und die Formel 1 meldet sich mit gleich zwei Rennen aus Spielberg zurück.

Klar, die Grünen versuchen, diesen Abgasschleudern eine beschleunigte Einführung eines günstigen Tickets für öffentliche Verkehrsmittel sowie ein paar Millionen für den Radwegausbau entgegenzuhalten. Das wird die Klimakrise aber nicht einmal ansatzweise bremsen. Anders ausgedrückt: Wenn es Vizekanzler Werner Kogler schon nicht wagt, warum prescht dann nicht zum Beispiel Hebein mit der Forderung vor, die extrem niedrigen Energiepreise für die Einführung einer CO2-Besteuerung zu nützen? Zugegeben, das ist eine rhetorische Frage. Und die Anregung dazu stammt bezeichnenderweise vom wirtschaftsliberalen „Economist“, nicht von den Grünen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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