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Rochaden bei den Wahlbeisitzern: Die Folgen der Stichwahl-Aufhebung in allen Bundesländern

Die Bundespräsidenten-Stichwahl wird am 4. Dezember wiederholt.
Die Bundespräsidenten-Stichwahl wird am 4. Dezember wiederholt. ©APA/EXPA/Jakob Gruber
Die Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl im Juli hat auch bei den Beisitzern Konsequenzen hervorgerufen. Nicht wenige von ihnen wurden österreichweit ausgetauscht.

Seit der Wahlaufhebung der Bundespräsidentschaftswahl im Juli ist es in einigen Bundesländern zu umfangreichen Umbesetzungen von Wahlbeisitzern gekommen. In Tirol und Vorarlberg kam es zu Neubesetzungen von jeweils mehr als 20 Prozent der Wahlhelfer. In Tirol betraf dies 22 Prozent der Beisitzer und Ersatzbeisitzer, bestätigte Landesamtsdirektor Josef Liener einen Bericht der TT vom Montag.

Die vakant gewordenen Stellen in den Bezirkswahlbehörden in Tirol seien allesamt nachbesetzt, so Liener. Dies bedeute, dass die Bezirkswahlbehörden nach wie vor in der gleichen Stärke besetzt seien wie vor der Wahlaufhebung. Grundsätzlich hätten die Parteien immer die Möglichkeit, Umbesetzungen vorzunehmen, was auch regelmäßig vorkomme und nichts Ungewöhnliches darstelle, hieß es.

Auch in Vorarlberg gab es eine Rochade in ähnlicher Höhe: Von den insgesamt 72 Beisitzern und Ersatzbeisitzern wurden 15 Personen ausgetauscht (20,8 Prozent). Den stärksten Wechsel (sieben Wahlbeisitzer) hatte die FPÖ zu verzeichnen, bei der ÖVP legten vier Personen ihr Ehrenamt nieder, bei den Grünen zwei, bei SPÖ und NEOS je eine. In Vorarlberg seien nach der Bundespräsidenten-Stichwahl nicht mehr Beisitzer ausgeschieden als bei anderen Wahlen, sagte ÖVP-Geschäftsführer Dietmar Wetz auf APA-Nachfrage. “Die Fluktuation ist eher altersbedingt.”

Bundespräsidentenwahl: Immer schwieriger, Beisitzer zu finden

Der Leiter des steirischen Wahlreferats, Manfred Kindermann, erklärte auf APA-Anfrage, dass in der Steiermark keine Zahlen wie in Tirol vorliegen würden, da das Gesetz weder eine Meldepflicht noch Sanktionen vorsehe. In den Bezirken habe er sich aber umgehört und kein überbordendes Desinteresse der Wahlbeisitzer festgestellt.

In Kärnten stehen am 4. Dezember voraussichtlich gleich viele Freiwillige zur Verfügung wie bei früheren Urnengängen, ergab ein Rundruf der APA. “Es gibt immer wieder Wechsel, aber unsere Wahlbeisitzer nehmen das sehr ernst. Die, die treu sitzen, sitzen auch jetzt”, sagte Josef Anichhofer, ÖVP-Geschäftsführer in Kärnten. Sein SPÖ-Amtskollege Daniel Fellner meinte, es werde immer schwieriger, genügend Beisitzer zu finden. Diesmal werde man es aller Voraussicht nach aber noch schaffen. Keine Schwierigkeiten meldete die Kärntner FPÖ, lediglich drei Personen mussten nachgemeldet werden – aus privaten bzw. Altersgründen, sagte Landesgeschäftsführer Toni Schweiger. Auch bei den Grünen gibt es keine Schwierigkeiten.

In Salzburg wurden laut Landesparteigeschäftsführern nur vereinzelt Beisitzer nachbesetzt. Dies sei aber nicht aus Angst vor Kriminalisierung notwendig gewesen, sondern habe andere Gründe gehabt wie etwa Zeitmangel aus beruflichen Gründen oder Übersiedelung. Auch in Wien und im Burgenland wurde bisher nicht registiert, dass Wahlbeisitzer gehäuft abgesagt hätten. Auch aus Oberösterreich hieß es, es schaue “gut aus”. Von Wahlbeisitzern, die hingeschmissen haben, ist Landeswahlleiter-Stellvertreter Josef Gruber nichts bekannt. “Wenn wer nicht will, muss die Partei nachbesetzen.”

Unzufriedenheit in Tirol

In Niederösterreich werden am Wahlsonntag nach Angaben von Landtagspräsident Hans Penz (ÖVP) rund 25.000 Wahlhelfer in 2.661 Wahllokalen aktiv sein. Ob bzw. wie viele Personen sich aufgrund der Vorwürfe nach der Aufhebung der Stichwahl zurückgezogen haben, lasse sich aufgrund fehlender Aufzeichnungen nicht sagen, hieß es aus seinem Büro. Seitens ÖVP und SPÖ hieß es, man werde den “Wahlbeisitzertätigkeiten natürlich nachkommen”.

In Tirol wurden seitens ÖVP und SPÖ unterdessen Rufe nach einer Pönale oder ein Kappen der Parteiförderung für nicht gestellte Wahlbeisitzer laut – dafür sprachen sich die beiden Landesgeschäftsführer Martin Malaun (ÖVP) und Georg Dornauer (SPÖ) in der Tiroler Tageszeitung aus. Bisher hätten SPÖ und ÖVP das System aufrechterhalten, so könne es aber nicht weitergehen, sagte Dornauer zur APA. “Bei den Verhandlungen zum neuen Wahlrecht, muss mann sich jedenfalls über die Wahlbeisitzer Gedanken machen”, forderte Dornauer. Auch der ÖVP-Geschäftsführer nahm die anderen Parteien in die Pflicht. “Die Liste Fritz hat 2013 überhaupt keine Beisitzer gestellt. So geht das einfach nicht”, empörte sich Malaun in der TT.

Änderungen künftig nicht ausgeschlossen

Aus den übrigen Ländern kamen keinerlei derartige Wünsche. In Vorarlberg stehen sowohl ÖVP als auch SPÖ und Grüne einer Pönale oder gar Kürzung der Parteienförderung ablehnend gegenüber. Für die FPÖ sei die Frage “obsolet”: Man habe alle erforderlichen Wahlbeisitzer gestellt bzw. dort, wo es aufgrund des letzten Nationalratswahl-Ergebnisses keine FPÖ-Beisitzer gibt, “Wahlzeugen in ausreichender Zahl nominiert”.

Steiermarks Wahlreferatsleiter Kindermann wollte keine Pönalen oder ein Kappen der Parteiförderung einfördern – aber er schließe künftige Änderungen nicht aus. In dem Fall sei aber der Bund dran. In Kärnten hält keine Partei Pönalzahlungen oder Ähnliches für erstrebenswert. Oberösterreichs Landeswahlleiter-Stellvertreter Gruber meinte zu diesem Thema: “Das höre ich zum ersten Mal”. Ablehnend äußerte sich ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer – nach der Wahl könne man aber über “alles diskutieren”.

Burgenland: SPÖ und ÖVP lehnen Strafen ab

Im Burgenland lehnen Sozialdemokraten und Volkspartei Strafen ab. “Wir sind dankbar, dass bei diesem Ehrenamt noch Menschen mitarbeiten”, sagte ein ÖVP-Sprecher auf APA-Anfrage. Man könne sich eine anlassbezogene Bezahlung der Beisitzer vorstellen – bei Bundeswahlen zahle der Bund, bei Landtagswahlen das Land und bei Gemeinderatswahlen zahle die Gemeinde. “Wir sind gegen eine Pönale”, betonte ein SPÖ-Sprecher. Es sei zwar schon einmal diskutiert worden, ob es einen Kostenersatz geben könne. Es sei aber nichts dahin gehend ausgearbeitet worden. “Dass die Besetzung der Wahlkommissionen neu diskutiert wird und hier etwas anders werden muss, dem stimme ich zu”, sagte Grünen-Landessprecherin Regina Petrik. SPÖ und ÖVP würden sich schwertun, die Wahlkommissionen zu besetzen. Die Kommissionen hätten Stress beim Auszählen der Stimmen “und Leute von den Grünen dürfen nur zusehen”, meinte Petrik.

In Wien sind Forderungen nach einer Pönale zumindest vorerst noch nicht laut geworden, hieß es im Rathaus. Die Bundeshauptstadt hat übrigens bereits Erfahrung mit den verschärften Richtlinien: Im September fand die Wiederholung der Bezirksvertretungswahl in der Leopoldstadt statt.

(APA, Red.)

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