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Risikogruppen-Ausnahme für Jurist verfassungswidrig

Auch in kritischer Infrastruktur Tätige müssten ein Recht auf Homeoffice oder Freistellung haben.
Auch in kritischer Infrastruktur Tätige müssten ein Recht auf Homeoffice oder Freistellung haben. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Personen, die in systemrelevanten Bereichen wie Handel, Pflege oder der Kinderbetreuung arbeiten, sind vom Risikogruppen-Schutz ausgenommen. Das gilt auch dann, wenn sie durch eine Corona-Infektion besonders gefährdet wären, was für scharfe Kritik sorgt.
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Verfassungsjurist Heinz Mayer hält es - laut "Presse" (Dienstag-Ausgabe) - für "klar verfassungswidrig", dass in der kritischen Infrastruktur Tätige kein Recht auf den besonderen Corona-Risikogruppen-Schutz haben. In der Grundversorgung oder in Gesundheits- und Pflegediensten haben ältere Arbeitnehmer bRisikogruppen-Ausnahme für Jurist verfassungswidrigzw. solche mit Vorerkrankungen wie COPD oder Diabetes kein Recht auf Homeoffice oder Freistellung.

Scharfe Kritik an Ausnahme bei Schutz der Corona-Risikogruppe

Diese Ausnahme vom Risikogruppen-Schutz wurde in dem am Freitag im Nationalrat beschlossenen Gesetz festgeschrieben. Die Regierung begründet dies damit, dass die Gewährleistung der kritischen Infrastruktur "vorrangig" sei - also die "Versorgung mit Lebensmitteln, Verkehrs-, Sozial-, Gesundheits- und Pflegedienstleistungen sowie die staatliche Hoheitsverwaltung". Letzteres betrifft etwa Beamte der Baubehörde, Schulverwaltung sowie Bezirkshauptmannschaften.

Dass dort arbeitende Menschen auch dann ihrer üblichen Tätigkeit nachgehen müssen, wenn sie durch eine Corona-Infektion besonders gefährdet wären, widerspricht laut Mayer dem Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie normiert den Schutz des menschlichen Lebens und verpflichtet den Staat, Gefährdungen des Lebens durch staatliche Maßnahmen zu unterlassen und den Schutz des menschlichen Lebens aktiv zu gewährleisten.

Diese Schutzpflicht ist durch die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte weit gefasst. Und vor diesem Hintergrund "besteht kein Zweifel daran, dass die Bestimmung verfassungswidrig ist", sagte Mayer zur "Presse". Dem Gesetzgeber sei diese Problematik offenbar nicht einmal bewusst gewesen - wenn in den Erläuterung zum Gesetz die Gewährleistung der kritischen Infrastruktur als "vorrangig" beurteilt werde.

Ausnahme für Ärztekammer "unsachliche Differenzierung"

Auch Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres kritisiert die Ausnahme-Bestimmung. Hier werde unsachlich differenziert und die Beschäftigten würden willkürlich in zwei Klassen unterteilt. "Menschen, die im Gesundheitsbereich, bei der Eisenbahn oder der Post beschäftigt sind, erhalten seitens der öffentlichen Hand weniger Schutz als alle anderen", sagt Szekeres. "Das ist weder fair, noch kann es rechtens sein."

Eine weitere Corona-Maßnahme hält Mayer für eine "hatscherte Geschichte" - nämlich die Aufforderung zum Verzicht auf Osterfeiern in über den Haushalt hinausgehendem Kreis. Dass sich die Regierung dabei - nachdem es einige Aufregung über den "Oster-Erlass" gab - nur auf die allgemeinen Verkehrsbeschränkungen stützt, sei unverständlich. "Es gibt ja eine Verordnungsermächtigung, die klare Regelungen ermöglichen würde", erklärt Mayer in der "Wiener Zeitung" (Dienstag-Ausgabe).

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat allerdings klargestellt, dass die Polizei nicht "in Wohnungen nachschnüffeln" wird - und an die Bürger appelliert, sich auch während der Feiertage an die Ausgangsbeschränkungen zu halten. Sie sehen vor, dass man nur zur Arbeit, Einkäufen, Hilfe für andere und - kurze - Spaziergänge (allein oder im Kreis der Mitbewohner) die Wohnung verlassen darf.

(APA/Red)

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