AA

"Rigoletto" als größtes Spektakel seit Jahren

Inszenierung, Bühne und Wetter - Alles beeindruckte am Premerienabend für Verdis "Rigoletto" auf der Bregenzer Seebühne.
Inszenierung, Bühne und Wetter - Alles beeindruckte am Premerienabend für Verdis "Rigoletto" auf der Bregenzer Seebühne. ©Stiplovsek
Ein Fußballspiel wird mit dem Kopf gewonnen - und das Bregenzer Festspielpublikum ebenfalls: Mit einem gigantischen Haupt als zentralem Bühnenelement überzeugt der "Rigoletto" als Auftaktpremiere des Festivals am Mittwoch Abend uneingeschränkt.
"Rigoletto" auf der Seebühne
Bilder der Festspieleröffnung I
Bilder der Festspieleröffnung II
Bilder der Festspieleröffnung III
74. Bregenzer Festspiele eröffnet
Alles zu den Bregenzer Festspielen

Köpfchen muss man haben - das gilt für den neuen "Rigoletto" als Eröffnungspremiere der Bregenzer Festspiele 2019 genauso wie für Philipp Stölzl. Mit einem gigantischen Haupt als zentralem Bühnenelement macht der deutsche Regisseur Giuseppe Verdis Hauptwerk zum Haupt-Werk und lieferte am Mittwochabend mit seiner Inszenierung das fraglos größte Spektakel am See seit Jahren ab.

Jetzt auf VOL.AT lesen

Die nun auch nicht unbedingt zurückhaltenden Arbeiten der vergangenen Jahre nehmen sich gegen die Wundermaschine, die Stölzl und sein Team in den See gestellt haben, beinahe brav aus. Oder besser gesagt: Dieser "Rigoletto" hat eine neue Zeitrechnung in Sachen Bühnentechnik bei den Bregenzer Festspielen eingeläutet.

Foto: Sams

Stölzl ist als ausgewiesener Grenzgänger zwischen Videoregie und Bühneninszenierungen, Werbeclips und Filmarbeiten ("Der Medicus") einfach ein Meister des massentauglichen Überwältigungsbildes. Auch für Bühne und Licht co-verantwortlich, schafft der Regisseur eine Inszenierung, die schlicht staunen macht und vom Premierenpublikum des Spiels am See einhellig umjubelt wurde.

Clownskopf als Effektgenerator

Der gut 13 Meter hohe Clownskopf in der Bühnenmitte erweist sich bereits mit den ersten Klängen der Ouvertüre als hochflexibles Gestaltungselement zwischen überdimensionaler Parabel auf das Libretto, origineller Spielfläche und Effektgenerator. Kopftheater statt Kopfkino gewissermaßen.

Talk zum Bühnenbild auf der Seebühne:

Frappant, welche Vielzahl an Gesichtsausdrücken, welchen mimischen Reichtum diese Bühnenskulptur zu leisten imstande ist. Neben der ausgeklügelten Hydraulik ist hier nicht zuletzt die gekonnte Lichtsetzung entscheidend. La testa e mobile, um den berühmtesten Arienschlager des Stücks zu paraphrasieren.

Talk mit Co-Bühnenbildnerin Vollmer:

Spektaktel nicht als Selbstzweck

Hinzu kommen die beiden Hände des Clowns. Eine ist als hochmodulierbares Bühnenelement Spielort und Theaterskulptur zugleich, die dem Publikum auch einmal den erhobenen Mittelfinger entgegenreckt. Die andere dient als Start- und Landeplattform für einen letztlich in die Höhe entschwindenden Fesselballon.

Foto: Stiplovsek

Zugleich überzeugt Stölzls "Rigoletto" nicht zuletzt deshalb, weil das Spektakel kein Selbstzweck bleibt, sondern zumeist stimmige Übersetzung des inneren Sinnzusammenhangs des Stückes ist. Auch die konsequente Transponierung des mitleidslosen Blicks auf eine chauvinistische, zynische Herrschaftswelt ins Zirkusambiente geht auf.

Schwerer Stand für Sängerensemble

Letztlich ergeben sich nur zwei Kritikpunkte an dieser Verdi-Interpretation - erstaunlicherweise der ersten des Stücks bei den Bregenzer Festspielen: In den leiseren Passagen muss man den einen oder anderen aufmerksamkeitsheischenden Ton der Hydraulik in Kauf nehmen. Und ein Nebeneffekt dieses Feuerwerks an Bildgewalt ist, dass das gute Sängerensemble gegen derlei Wirkmächtigkeit der Inszenierung einen schweren Stand hat.

Dabei wüssten allen voran Vladimir Stoyanov als sichere Bank in der Titelrolle und Melissa Petit als seine Tochter Gilda mit überraschend reifem Sopran für die Partie auch ohne Pomp mit ihren sängerischen Fähigkeiten zu überzeugen. Und auch Stephen Costello mauserte sich nach anfänglichen Intonationsschwierigkeiten zum guten Herzog.

Festspielintendantin Sobotka über "Rigoletto":

Hoher Schauwert

Dass die Bregenzer Akustik für diffizile Stücke wie das berühmte "Rigoletto"-Quartett nach wie vor nicht die ideale ist, wird wiederum durch den hohen Schauwert bei weitem überwogen. Das Spiel am See ist nun mal keine Kammeroper, sondern eine Bühne für knapp 7.000 Menschen. Und diese kommen 2019 voll auf ihre Kosten.

(APA)

  • VIENNA.AT
  • Festspiele
  • "Rigoletto" als größtes Spektakel seit Jahren