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Regierungsumbildung jetzt

Der heutige Gastkommentar von Johannes Huber.
Der heutige Gastkommentar von Johannes Huber. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Gastkommentar von Johannes Huber. Österreich braucht dringend einen neuen Finanz- und eine neue Wirtschaftsministerin. 

Österreich befindet sich mitten in einer historischen Gesundheits- und Wirtschaftskrise. Schlimmer noch: In internationalen Vergleichen steigt das Land zunehmend schlechter aus. Ob es klug wäre, zu Neuwahlen zu schreiten und mit der Regierung abzurechnen, ist jedoch zweifelhaft: Experten sagen, dass es demnächst eine dritte Infektionswelle geben wird. Da würde ein Urnengang gerade noch fehlen. Ein Wahlkampf mit persönlichen Gesprächen und öffentlichen Veranstaltungen wäre schwer bis unmöglich. Am Ende würde er sich eher nur auf ein paar TV-Duelle mit abschließendem Voting reduzieren. Demokratiepolitisch wäre das nicht unproblematisch. Und überhaupt: Hat die SPÖ schon geklärt, ob Pamela Rendi-Wagner oder Hans Peter Doskozil das Sagen hat? Hat sich die FPÖ schon erholt von ihrem Debakel vor eineinhalb Jahren? 

Wichtiger ist die Frage, was wirklich notwendig ist. Antwort: Kompetente, korrekte Regierungsmitglieder sind das Mindeste. Natürlich könnte man jetzt lang und breit darüber streiten, inwiefern das etwa auf Bundeskanzler Sebastian Kurz oder Gesundheitsminister Rudolf Anschober zutrifft. Ihre Pleiten-Pech-und-Pannen-Serie wird immer länger. Andererseits aber beherrscht Kurz Kommunikation, wenn er will, und ist Anschober selbstkritisch. Zu ihren größten Problemen gehört im Übrigen, dass sie mit Ländern wie Tirol kaum fertigwerden. Das aber hängt nicht nur mit ihnen zusammen, sondern ist ein altösterreichisches Problem: Größeren Ländern kann man nichts anschaffen, weil sie die Macht haben, eine Bundesregierung zu stürzen. Würden zum Beispiel die türkisen Nationalratsabgeordneten aus Tirol mit ihrer Drohung ernst machen, im Hohen Haus unter Umständen einfach nur so abzustimmen, wie es der Seilbahnlobby gefällt, hätte Türkis-Grün keine Mehrheit mehr auf parlamentarischer Ebene; die Regierung wäre erledigt. Das sollte man nicht vergessen.

Was Kurz aber eben tun könnte, wäre dies: Seinen Spezi, Finanzminister Gernot Blümel, ebenso verabschieden wie Wirtschaftsministerin Magarete Schramböck. Gründe dafür würde es viele geben: Fachlich sind beide gerade in dieser Krise problematisch. Blümel hat sich bisher darauf beschränkt, Geldhähne aufzudrehen. Die Wirkung ist bescheiden, die Langfristfolgen (hohe Defizite und damit auch mehr Schulden) sind katastrophal. Mit „Nullen“ hat er sich bei all den Zahlen ja schon einmal vertan, als er auf sechs vergaß und das entsprechende Budget 2020 erst in einem zweiten Anlauf beschlossen werden konnte. Dazu kommt, dass Blümel jetzt auch noch Beschuldigter in der Casinos-Affäre ist: Selbst wenn sich das letzten Endes in Luft auflöst, kann es nicht angehen, dass ein Finanzminister gerade jetzt mit solchen Dingen belastet ist. Das ist entschieden zu viel.

Es gibt zwei Fälle, die ähnlich gelagert sind: Der eine ist Wirtschaftsministerin Schramböck. Ihr Beitrag zur Bewältigung der Krise war das „Kaufhaus Österreich“. Damit ist alles gesagt, die Rechnung (1,26 Millionen Euro) dürfen Steuerzahler begleichen. Der andere Fall ist Geschichte: Als Arbeitsministerin hat es Christine Aschbacher mitten in der Krise im vergangenen Jahr nicht nur geschafft, eine Dissertation abzuliefern, sondern auch noch eine, die von haarsträubender Qualität ist. Sagen wir so: Das Werk hat ungefähr ihrer Leistung als Ministerin entsprochen. Wie auch immer: In ihrem Fall hat Sebastian Kurz reagiert, wie er nun auch bei Blümel und Schramböck handeln sollte: Mit Martin Kocher hat er eine hochkompetente Person zum Nachfolger gemacht bzw. in die Regierung geholt. Das war eine gute Entscheidung, die der Krise gerecht wird – und die einen als Bürger ein bisschen ruhiger schlafen lässt.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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