Regierungskrise wirft Schatten auf die Wien-Wahl

In Wien werden heuer ein neuer Gemeinderat bzw. Landtag sowie die Bezirksvertretungen neu gewählt. Was ohnehin schon meist für große Aufmerksamkeit sorgt, erhält nun durch die Geschehnisse im Bund zusätzliche Spannung. Das betrifft etwa den Wahltermin. Erste Stimmen wurden bereits laut, den Urnengang mit einer Neuwahl im Bund zusammenzulegen - sollte es zu einer solchen kommen.
An sich stünde die Wien-Wahl im Herbst auf dem Programm. Gewählt wurde zuletzt im Oktober 2020. Zwar gibt es traditionell immer Gerüchte um eine Vorverlegung der Wiener Wahl, Anzeichen, die fünfjährige Legislaturperiode tatsächlich nicht voll auszuschöpfen, gab es bis dato aber nicht.
Krise im Bund sorgt im Wien-Wahl-Jahr für zusätzliche Spannung
Sollte es zu einer Neuwahl im Bund kommen, steht diese Debatte aber wohl ins Haus. Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp hat bereits den Auftakt gemacht. Er sprach sich im Interview mit der ORF-Sendung "Wien Heute" am Samstagabend dafür aus, Wien-Wahl und Nationalratswahl terminlich zusammenzulegen, falls letztere kommt. "Denn so erspart man sich auch viel Kosten in Zeiten eines knappen Budgets", lautete sein Argument.
Gegeben hat es eine Vorverlegung in der jüngeren Vergangenheit bereits. 2001 wurde nicht im Herbst, sondern im März gewählt. Der damalige Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Häupl entschied sich - während Schwarz-Blau im Bund erstmals regierte - gegen den Willen des Koalitionspartners ÖVP zu diesem Schritt. Prompt bescherte die Wahl der SPÖ eine absolute Mandatsmehrheit.
Aktuell regiert die SPÖ unter Parteichef und Bürgermeister Michael Ludwig mit den NEOS. Öffentlich ausgetragenen Disput gab es bisher so gut wie nicht. Eine Vorverlegung der Wahl schien damit bisher ausgeschlossen. Ob der Absprung der Pinken aus den Koalitionsgesprächen im Bund das Klima verschlechtern wird, ist offen. Der Chef der Wiener NEOS, Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, hat nach dem Scheitern der Verhandlungen die gute Zusammenarbeit mit den Wiener Roten aber bereits ausdrücklich gelobt.
ÖVP beklagt Bedeutungsverlust der Wiener Roten
Durchaus anerkennende Worte für die Wiener SPÖ kamen auch von anderer, durchaus überraschender Seite - nämlich von der ÖVP. Der türkise Wiener Landesparteiobmann Karl Mahrer beklagte nach dem Gesprächs-Aus, dass sich die "vernünftigen Kräfte" in der SPÖ nicht durchsetzen hätten können. Der Einfluss der einst mächtigen Wiener SPÖ sei geschwunden, stellte er fest.
Die Grünen - die mit der SPÖ von 2010 bis 2020 regiert haben - verzichteten hingegen völlig auf Lob: Die Parteiobleute Judith Pühringer und Peter Kraus übten harsche Kritik: "Eines eint ÖVP, SPÖ und NEOS jetzt doch: Alle drei Parteien flüchten vor der Verantwortung, inmitten dieser krisenhaften Zeit eine tragfähige Regierung auf die Beine zu stellen." Die drei Parteien würden den Weg für Rechtspopulisten und Rechtsextreme ebnen. Aus dem "kein weiter wie bisher" sei ein 'schlimmer als je zuvor" geworden, meinte das Grüne Spitzenduo.
Schlagabtausch zwischen Wiener FPÖ und ÖVP
Und schon am Sonntag gab es erste intensive Auseinandersetzungen - und zwar zwischen FPÖ und ÖVP. "Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Nehammer ist es höchste Zeit, dass auch der Wiener ÖVP-Obmann Karl Mahrer seinen Hut nimmt", forderte der Landesparteisekretär der Wiener Blauen, Lukas Brucker.
Mahrer habe sich als einer der führenden Köpfe der undemokratischen Anti-Kickl-Fraktion innerhalb der ÖVP hervorgetan und stets ausgeschlossen, eine Koalition mit FPÖ-Chef und Wahlgewinner Herbert Kickl zu unterstützen, begründete Brucker den Schritt. Mahrer habe stattdessen, eine Koalition mit dem "Marxisten Andreas Babler" herbeigesehnt.
In der Wiener ÖVP ortete man einen "durchsichtigen Versuch", Druck von der Wiener Landesgruppe der FPÖ abzuleiten. Dies werde offenbar durch die Bundes-FPÖ und deren Obmann Herbert Kickl gesteuert, vermutete VP-Landesgeschäftsführer Peter Sverak.
"Es ist schon bemerkenswert: Kaum wächst der Druck auf Dominik Nepp und die Wiener FPÖ durch ihre Bundeszentrale, reagieren sie mit Angriffen auf Karl Mahrer und die Wiener Volkspartei", meinte Sverak. Anstatt die realen Herausforderungen Wiens anzugehen, setze die Wiener FPÖ auf ihr gewohntes Spiel der Ablenkung durch Anpatzen. Der Angriff zeige, dass man in der ÖVP die größte Konkurrenz im Hinblick auf die Wien-Wahl sehe.
(APA/Red)