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Reaktionen auf 3-Punkte-Plan: Für AK "Meilenstein"- Handel zeigt sich irritiert

Plastikmüll will man mit einem 3-Punkte-Plan den Kampf ansagen
Plastikmüll will man mit einem 3-Punkte-Plan den Kampf ansagen ©Pixabay (Sujet)
Der 3-Punkte-Plan gegen Plastik tritt auf Gegenwind: Während die Arbeiterkammer (AK) die Vorschläge des Umweltministeriums zur Plastikvermeidung als "Meilenstein" hervorgehoben hat, gibt es auch Widerspruch.
Gewessler stellt 3-Punkte-Plan vor

Der Wirtschaftsbund setzte sich für das Beibehalten alter Pfade ein, indem für den Ausbau bestehender Infrastruktur plädiert wurde. Denn ein Einweg-Plastikpfand würde vor allem kleine Lebensmittelhändler und Nahversorger treffen, die schon wegen der Coronakrise litten.

Lob von der AK für Einwegplastik-Eindämmungsversuche

Die AK lobte hingegen die Herstellerabgabe auf Plastikverpackungen, sie folge dem Verursacherprinzip: Dies "regt ein Umdenken bei den Lebensmittelkonzernen an", sagte Werner Hochreiter von der AK-Abteilung Umwelt und Verkehr.. "Plastikberge sind teuer: Für die Umwelt, für die Städte und für die SteuerzahlerInnen. Viele Länder in Europa sind da schon sehr viel weiter. Es ist höchste Zeit, dass auch in Österreich dieses Zukunftsthema angepackt wird."

Der Wirtschaftsbund argumentierte indes mit der bekannten Rechnung der Wirtschaftskammer vom Juni, wonach Geschäfte mit weniger als 250 Quadratmeter Verkaufsfläche jährliche Mehrkosten von 10.500 Euro haben würden, ungeachtet der Tatsache, dass in der vom Ministerium beauftragten Studie bereits für Geschäfte mit Verkaufsfläche bis 200 Quadratmeter und darunter Ausnahmen bei der Rücknahme vorgesehen sind. Auch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) wies am heutigen Montag noch einmal darauf hin, dass für kleine Geschäfte Ausnahmen angedacht seien.

Wirtschaftsbund: "Nur Wien erfüllt Quote nicht"

Der Wirtschaftsbund wies aber auch darauf hin, dass Tirol, Vorarlberg und das Burgenland die EU-Sammelquote von 90 Prozent bereits erfüllen würden, nur Wien sei weit abgeschlagen mit einer Sammelquote von 34 Prozent: "Es ist nicht nötig, ganz Österreich mit einem Plastikpfand zu belasten, nur weil Wien die Quote nicht erfüllt", argumentierte die stv. Generalsekretärin des Wirtschaftsbundes und ÖVP-Abgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli.

SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr forderte indes eine Ende der "jahrzehntelangen Blockadepolitik der ÖVP", denn Pfand sei für Österreich die billigste, einfachste und umweltfreundlichste Lösung, die EU-Ziele für Plastikverpackungen umzusetzen. Das ergebe selbst die Studie die noch unter ÖVP-Umweltministerin Elisabeth Köstinger in Auftrag gegeben wurde.

FCIO sieht Problem beim Konsumentenverhalten

Nicht in Wien, sondern der Konsument sei Ursache dafür, dass deren Abfall zu selten den Weg in den Kunststoffkreislauf finde, stellte hingegen der Fachverband der Chemischen Industrie (FCIO) fest. Es brauche Investitionen um die Sammel-, Sortier- und Recyclingkapazitäten zu erhöhen.

"Der beste Weg, Kunststoffabfälle zu reduzieren, liegt im Auf- und Ausbau einer Kreislaufwirtschaft. Wir müssen die hohe Rezyklierbarkeit des Werkstoffes ausnützen und ihn so oft wie möglich im Kreislauf führen", so könnten Ressourcen und Energie gespart werden, und "eine deutliche Steigerung von Kunststoffrecycling ist in Österreich möglich, dafür müssen aber alle betroffenen Gruppen in Politik und Wirtschaft zusammenarbeiten", lautete die Position von Christian Gründling, stv. Geschäftsführer des FCIO. Ablehnend stehe die chemische Industrie der Herstellerabgabe aufgrund der EU-Plastiksteuer gegenüber, "da damit kein Lenkungseffekt im Bereich Littering zu erwarten ist.

3-Punkte-Plan: Handel irritiert und gegen verpflichtende Quoten

Überrascht gab sich der Handel angesichts der Vorschläge des Umweltministeriums zur Plastikvermeidung. Bezüglich des 3-Punkte-Plans wurde angemerkt, dass im Vorfeld kein stärkerer Einbezug der betroffenen Betriebe erfolgt sei. Irritierend sei der Zeitpunkt der Bekanntgabe inmitten der Coronakrise. Von einer verpflichtenden Mehrwegquote halte man jedenfalls nichts.

"Der österreichische Lebensmittelhandel ist gerne bereit, seine Anstrengungen zur Steigerung der Mehrwegquote bei Getränkeverpackungen zu intensivieren", hieß es in einem Statement am Montag. Ein Quote wäre in Kombi mit einem Einwegpfandsystem eine Belastung kleiner Lebensmittelhändler und würde auch die Nahversorgung gefährden, ließ Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will wissen. Stattdessen unterstütze man den Zehn-Punkte-Plan für eine alltagstaugliche Kreislaufwirtschaft, der von der Wirtschaftskammer vorgeschlagen wurde.

Handelsverband sieht Teuerungen beim Einkauf als Problem

Auch um den Bürger wäre es nicht gut bestellt mit dem 3-Punkte-Plan: "Da stellt sich aus Konsumentensicht schon die Frage, warum man gerade jetzt den Verbraucher noch stärker belasten und den täglichen Einkauf verteuern möchte", sagte Handelsverband-Vizepräsident Frank Hensel unter Hinweis auf die "größte Wirtschaftskrise der zweiten Republik", infolge deren sich Kaufkraft und Konsumlaune auf einem historischen Tiefstand bewegen würden.

"Die falsche Maßnahme zum falschen Zeitpunkt"

Aus Sicht der Wirtschaftskammer sei der 3-Punkte-Plan ein Belastungspaket "im ökologischen Mäntelchen" und so die falsche Maßnahme zum falschen Zeitpunkt: "Weder braucht es eine Kunststoffsteuer noch Preisaufschläge für recycelbare Verpackungen, noch eine Pfandeinhebung," sagte Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Die Maßnahmen würden den Inlandskonsum zu einem Zeitpunkt verteuern, zu dem sich die Bundesregierung bemüht, ihn anzukurbeln: "Viele Geschäfte wissen derzeit nicht, wie sie in das Jahr 2021 kommen sollen, wenn die Kunden ausbleiben oder wenig Geld zum Einkaufen haben. Da brauchen wir keine zusätzlichen Belastungen", so Kopf.

Mehrweg-Quote oder Pfandsystem als Zusatzbelastung

Eine fix vorgeschriebene Mehrweg-Quote oder ein aufwendiges Pfandsystem für Einwegverpackungen wäre eine beträchtliche Zusatzbelastung für die 1.448 Bäcker, 1.215 Fleischer und 1.332 Konditoren in Österreich, warnte Willibald Mandl, Bundesinnungsmeister des Lebensmittelgewerbes in der WKÖ und Fleischermeister in Ternberg in Oberösterreich.

Einerseits verfüge man nicht über die Fläche für das gebrauchte Gebinde, das zudem eine Geruchsbelastung wäre, andererseits fürchte man ohnehin einen "Pfand-Tourismus": Regionale Nahversorger würden - aufgrund der Bequemlichkeit der kurzen Wege - im großen Stil als Rückgabestellen für Gebinde verwendet, die ganz woanders gekauft wurden. Somit müssten die Betriebe auch finanziell in Vorlage treten und Pfand auszahlen, das sie erst viel später rückfordern könnten. "Für viele Betriebe wäre es das endgültige Aus".

(APA/Red)

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