AA

Rauchen ja, kiffen nein!?

©DPA/DANIEL KARMANN
Gastkommentar von Johannes Huber. Es gibt gute Gründe für eine Legalisierung von Cannabis. Das wäre nicht nur im Sinne der Konsumenten, sondern auch der Kriminalitätsbekämpfung.

Im Jahr 2019 löst man keinen Wirbel mehr aus, wenn man zu einer Legalisierung von Cannabis aufruft. Diese Erfahrung musste diese Woche der Wiener Drogenkoordinator Ewald Lochner machen. Seine Einladung zu einer Debatte darüber wurde nur vom Gesundheitssprecher der Freiheitlichen, Wolfgang Seidl, zurückgewiesen. Eine Legalisierung sei „weiterhin abzulehnen“, meinte er, eine Diskussion darüber sei „sinnlos und entbehrlich“.

Tatsächlich? Als gelernter Österreicher muss man sich schon sehr über diese „Argumentation“ wundern. Sie zeugt von ungenierter Doppelmoral. Die FPÖ ist die einzige Partei, die sich dafür ausspricht, dass in Lokalen geraucht werden darf. Rauchen ja, kiffen nein: Wie passt das zusammen? Ganz zu schweigen vom Alkoholkonsum, wie er zwischen vielen Zigaretten von Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video vorgeführt worden ist. Gut, das war in einem vermeintlich privaten Rahmen. Wer trinkt und raucht, sollte aber nicht so tun, als wäre das im Unterschied zum Konsum illegaler Drogen ganz und gar harmlos. Das ist es nämlich nicht. Siehe Todesursachenstatistik: In Wien starben im vergangenen Jahr 112 Personen wegen „Störungen durch Alkohol“. Das waren fast drei Mal mehr als wegen „Drogenabhängigkeit“ (43).

Um nicht missverstanden zu werden: Das ist kein Plädoyer für ein Verbot von überhaupt allem. Im Gegenteil: Beim Rauchen geht es um das Rauchen in Gesellschaft; in diesem Fall kann es immer auch zum Schaden von anderen sein. Und beim Alkohol lässt sich überhaupt sehr eindrucksvoll zeigen, wie unsinnig ein generelles Verbot wäre: Vor 100 Jahren wurde ein solches in den USA eingeführt. Die Folgen waren fatal: Hochprozentiges wurde unkontrolliert in Hinterhöfen erzeugt. Bisweilen war es giftig und damit erst recht zum Schaden der Konsumenten. Auf der anderen Seite wurden Mafia-Kartelle gestärkt, die den Schwarzmarkt organisierten. Das Verbrechen blühte.

Das leitet über zu den Drogen, die in unseren Breiten nach wie vor illegal sind. Der britische „Economist“, der kein linkes Blatt von irgendwelchen Chaoten, sondern ein liberales Wirtschaftsmagazin ist, veröffentlichte vor einigen Jahren ein Plädoyer für eine Legalisierung. Und zwar aus Gründen wie diesen: Es würde dazu führen, dass der Drogenmarkt dem Schwerverbrechen entzogen wird; dass die Ware im Sinne der Konsumenten kontrolliert werden könnte; und dass die Drogenabhängigen selbst aus dem Untergrund hervorkriechen würden und damit auch besser betreut werden könnten.

Gerade wenn man Drogen nicht verharmlosen will, sollte man sich solche Überlegungen zumindest durch den Kopf gehen lassen: Gerade dann wäre es wohl besser, dass zum Beispiel Cannabis in Apotheken erhältlich wird und nicht länger nur im Halbdunkel bei Kriminellen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

  • VIENNA.AT
  • Johannes Huber
  • Rauchen ja, kiffen nein!?
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen