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Raubüberfall in eigener Wohnung inszeniert: Schriftsteller verurteilt

Ein Schriftsteller wurde wegen Betruges verurteilt
Ein Schriftsteller wurde wegen Betruges verurteilt ©Bilderbox (Sujet)
Wegen Versicherungsbetrug wurde am Montag ein 67-jähriger Journalist und Schriftsteller verurteilt, der sich als Opfer eines Überfalls zweier Räuber ausgab.

Der Mann gab sich vor dem Wiener Landesgericht für Strafsache geständig und wurde zu neun Monaten bedingter Haft verurteilt, er will nun seine Vergehen in Form eines Kriminalromans literarisch verarbeiten.

Schriftsteller wegen fingierten Raub verurteilt

Der Autor – er hat eine überschaubare Leserschaft und einen mäßigen Bekanntheitsgrad – hatte im vergangenen Frühsommer behauptet, er wäre in seiner Wohnung in der Brigittenau von zwei maskierten und bewaffneten Tätern überfallen worden. Ein Nachbar, der am 14. Juni an der geöffneten Wohnungstür des 67-Jährigen vorbeiging, sah diesen geknebelt und an einen Stuhl gefesselt drinnen sitzen. Er eilte sogleich zu Hilfe und befreite das vermeintliche Opfer. Der Polizei erklärte der 67-Jährige im Anschluss, die Täter hätten ihm Unterlagen, Gemälde, Orden und 3.000 Euro Bargeld geraubt. Obendrein legte der Schwindler noch eine falsche Spur, indem er auf einen fremden Reisepass verwies, den einer der Räuber in der Wohnung versehentlich liegen gelassen hätte. Gegen den Inhaber – wie der Autor in den Besitz des Dokuments gelangt war, ließ sich nicht klären – wurde umgehend ein internationaler Haftbefehl erlassen. Dieser wurde nur deshalb nicht vollzogen, weil sich herausstellte, dass der Gesuchte zwischenzeitlich verstorben war.

“Ich habe mich selbst schon gerichtet”

Der Schriftsteller meldete in weiterer Folge den Schadensfall nicht nur seiner Versicherung, die ihm 11.000 Euro ausbezahlte. Er gab auch Zeitungsinterviews, in denen er detailliert den Überfall schilderte und sich als bedauernswertes Verbrechensopfer stilisierte. In Wahrheit war alles gelogen, wie der Mann nun Richterin Elisabeth Reich gestand: “Es ist eines Intellektuellen und Schriftstellers nicht würdig, was ich gemacht habe. Es war schändlich, was ich getan habe. Ich habe mich selbst schon gerichtet.” “Und jetzt komm ich dran”, zeigte sich Reich schlagfertig. Als ausschlaggebend für seine Straftat führte der Angeklagte den Verlust seiner Freundin ins Treffen. Diese habe ihn plötzlich und unvermutet verlassen: “Sie war 17 Jahre jünger als ich und attraktiv. Das war für mich ein Schock. In dieser Phase der emotionalen Instabilität habe ich begonnen, Alkohol zu trinken.” In betrunkenem Zustand habe er dann “entschieden, etwas zu tun”, was er schon Wochen vorher beschlossen hätte: “Ich wollte einen Schaden inszenieren.”

Fesselte sich selbst mit Klebebändern an einen Stuhl

Zunächst räumte der fantasiebegabte Mann (“Ich habe mich früher sehr mit Krimis befasst”) seine Wertsachen fort, um glaubhaft ihre angeblich gewaltsame Entwendung beklagen zu können. Dann fesselte er sich mit Klebebändern an einen Stuhl, was er der Richterin eingehend demonstrierte, die sich nicht vorstellen konnte, wie das dem altersbedingt nicht mehr ganz so wendigen Mann geglückt war. Die ermittelnden Kriminalisten zweifelten allerdings von Anfang an am behaupteten Überfall. Dass sich der Schriftsteller von seinem hilfsbereiten Nachbarn zwar von der Knebelung, aber partout nicht von den Klebebändern befreien lassen wollte und darauf bestand, bis zum Eintreffen der Polizeibeamten gefesselt sitzen zu bleiben, kam ihnen verdächtig vor.

Angeklagter entschuldigte sich beim Staat und beim Gericht

“Ich verurteile mich selbst deswegen. Ich kann keine Nacht mehr schlafen”, gab sich der Angeklagte zerknirscht.” Zugleich kündigte er an, er werde “diesen Fall im Rahmen eines Kriminalromans verwenden, mit geändertem Namen”. “Was ist die Botschaft? Dass man es nicht macht oder dass man es besser macht?”, wollte die Richterin wissen. “Dass man so etwas überhaupt nicht macht. Ich entschuldige mich beim österreichischen Staat und beim österreichischen Gericht”, lautete die Antwort. Verteidiger Sebastian Lesigang verwies darauf, dass sein Mandant bereits Schadensgutmachung betreibt. In monatlichen Raten von 200 Euro zahlt der 67-Jährige der Versicherung die zu Unrecht bezogene Summe zurück, “was bei einer Pension von 837 Euro durchaus beachtlich ist”, so Lesigang. Mit dem Urteil waren sowohl der Anwalt als auch der Schriftsteller einverstanden. Die Anklagevertreterin gab vorerst keine Erklärung ab. Der Schuldspruch wegen Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung, schweren Betrugs und Falschaussage ist damit nicht rechtskräftig.

(APA/Red.)

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