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Quantencomputer: Ein völlig neues Rechner-Konzept

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Bisher ging es bei der Weiterentwicklung von Computern hauptsächlich um zwei Ziele: schneller und kleiner.

Mit dem sogenannten Quantencomputer, der in Physiklabors bereits auf einfachem Niveau läuft, steht erstmals seit Jahrzehnten “ein völlig neues Paradigma” an, wie Peter Zoller, theoretischer Physiker am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und an der Uni Innsbruck es ausdrückt. Das neue Konzept geht vom herkömmlichen Ja-Nein-Schema als Grundbaustein von Information ab und macht sich die wundersam anmutenden Eigenschaften der Quantenwelt nutzbar.

Interessant an den Konzepten für einen Quantencomputer sind grundlegenden Eigenschaften von Quanten. Im Gegensatz etwa zu magnetischen oder sonstigen Speichern herkömmlicher Computer kann ein einzelnes Teilchen in der Quantenwelt nicht nur zwei Zustände (Ja/Nein bzw. beim Bit 0 und 1), sondern mehr oder weniger beliebig viele annehmen. Ein sogenanntes Quanten-Bit oder kurz Qubit genannt, ist nicht nur 0 oder 1, sondern kann unendlich viele Zustände zwischen diesen beiden Werten einnehmen, ein Effekt, den man auch Überlagerung nennt. Man kann quasi sowohl 0 als auch 1 gleichzeitig in einem Qubit speichern.

Qubits kann man zum Beispiel mit einzelnen Atomen darstellen. Die Elektronen eines Atoms bewegen sich um den Atomkern, wobei nur bestimmte Energien dabei zulässig sind. Nach einem längst überholten, aber immer noch sehr anschaulichen Atommodell sind das die Elektronenbahnen. Das Elektron kann bei Energiezufuhr auf eine höhere Bahn springen, irgendwann fällt es unter Energieabgabe wieder auf einen tiefere Bahn zurück. Wenn man zwei dieser Energiezustände herausgreift, würde 0 bzw. 1 dem energetisch niedrigen bzw. angeregten Zustand entsprechen.

Man kann sich den Zustand eines Qubits auch durch einen Pfeil vom Mittelpunkt zur Oberfläche einer Kugel vorstellen. Wenn der Pfeil zum Südpol zeigt, wird die 0 dargestellt; der Nordpol entspricht der 1. In der Quantenwelt kann der Pfeil kann aber auch alle Zwischenpositionen auf der Kugel einnehmen, die den Überlagerungszuständen zugeordnet sind.

Die Drehung des Pfeils von einer Ausgangslage in eine neue Position wird in der Quantenmechanik als eine “kohärente Manipulation des Qubits” bezeichnet, d.h. einer Ein-Qubit-Rechenoperation oder einem “Ein-Qubit-Quantengatter”. Werden Atome als Qubits verwendet, lässt sich einer derartige Manipulation durch Bestrahlen des Atoms mit einem Laserpuls verwirklichen.

Andererseits kann man aber auch an einem Qubit eine Messung ausführen, d.h. abfragen, ob das Elektron im Zustand 0 oder 1 ist. Ein Auslesen des Qubits ergibt im Einzelfall immer die Antwort 0 oder 1 und niemals Zwischenstufen. Die Messung führt zwangsläufig dazu, dass der Pfeil entweder auf den Südpol oder auf den Nordpol springt.

Ohne – vor einer Messung – auf “ja/nein” beschränkt zu sein, könnten Berechnungen schneller und effektiver als mit konventionellen Computern durchgeführt werden. Nicht zuletzt, und das ist ein gewichtiges Argument für die Grundlagenphysiker, könnte durch einen Quantencomputer – und nur dadurch – die Quantenwelt selbst simuliert werden. Ansonsten wäre der Quantencomputer etwa für schnelle Datenbanksuche oder Präzisionsmessungen prädestiniert.

Schon mit wenigen Qubits wird man laut Zoller “Sachen machen können, die kein klassischer Computer schafft”. 2005 haben die Innsbrucker Physiker um Rainer Blatt das erste Quanten-Byte erzeugt, das aus acht einzelnen, miteinander verschränkten Kalzium-Ionen besteht. Das ist bisher eine Rekordleistung, auch wenn man davon ausgehen kann, dass in den Labors bereits an größeren Systemen gearbeitet wird

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