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Psychiatrie-Kommission: ÖVP und Grüne sehen Missstände

Die Wiener Untersuchungskommission zum Thema Psychiatrie geht zu Ende - mit einem Ergebnis, das seit längerer Zeit so erwartet wurde: Während die regierende SPÖ keine Missstände erkennen konnte, waren solche für die Opposition klar feststellbar.

ÖVP und Grüne haben am Mittwoch einen gemeinsamen Bericht präsentiert, in dem nicht nur die ihrer Ansicht nach bestehenden gravierenden Mängel, sondern auch eine Reihe von Forderungen enthalten sind.

Sowohl die Klubchefs Matthias Tschirf (V) und Maria Vassilakou (G) als auch die jeweiligen Fraktionssprecherinnen Ingrid Korosec (V) und Sigrid Pilz (G) zeigten sich überzeugt, dass die U-Kommission als Erfolg gewertet werden müsse. Es sei ein “gewisser Reformprozess” eingeleitet worden, auch wenn die SPÖ versichere, dass nicht die Kommission Anlass für Maßnahmen gewesen sei.

Die Liste der Organisationsmängel ist – zumindest nach Ansicht der Oppositionsvertreter – jedenfalls lang: Beklagt werden unter anderem eine desolate Bausubstanz im Otto-Wagner-Spital samt Platznot und nicht getrennten Nassräumen, weiters Sicherheitsmängel, monatelange Wartezeiten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder fehlende Ressourcen im Ärztebereich. Dass die SPÖ diese Mängel nicht sehe, sei “peinliche Schönfärberei”, hieß es.

Wobei die Sozialdemokraten, die so wie im Gemeinderat auch in der Kommission über eine absolute Mehrheit verfügen, auch durch ihr Vorgehen in den Sitzungen kritisiert werden. “Ich finde es sehr bedauerlich, dass es nicht möglich war, Patienten oder Angehörige zu Wort kommen zu lassen”, betonte Vassilakou. Die SPÖ hat dies stets mit der Begründung abgelehnt, Kranke würden dabei “vorgeführt” und könnten durch die Befragung auch gesundheitlich beeinträchtigt werden.

Laut Tschirf hatte die SPÖ nur ein Ziel, nämlich “möglichst viel zu vertuschen und zu mauern”. Zahlreiche Beweisanträge seien abgelehnt worden. Erstaunt zeigten sich ÖVP und Grüne auch darüber, dass die SPÖ stets auf die geplante Dezentralisierung der Psychiatrie in Wien verweise. Dabei sei diese bereits vor 30 Jahren beschlossen worden, geschehen sei aber nur wenig.

Nach Ansicht der beiden Parteien gibt es für das festgestellte “Organisationsversagen” eine klare politische Verantwortung: Dieses hätten die Gesundheitsstadträtinnen der vergangenen Jahre sowie – vor allem – der Bürgermeister zu tragen, hieß es. Im fast 100 Seiten umfassenden Bericht finden sich dem entsprechend auch eine Reihe von politischen Forderungen: Verlangt wird eine Ausbildungsoffensive, eine Eingliederung der Psychiatrie in die allgemeine Versorgung sowie ein “integrativer Psychiatrieplan”, in dem etwa auch der ambulante Bereich enthalten sein soll.

Im Büro von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (S) zeigte man sich vor allem über Letzteres verwundert: “Worauf, wenn nicht auf einem Plan, sollten die umfassenden Dezentralisierungsmaßnahmen der Psychiatrie in Wien beruhen”, hieß es dort am Mittwoch. Der SP-Fraktionssprecher in der Kommission, Gemeinderat Christian Deutsch, bekräftigte mittels Aussendung, dass “keine Bestätigung für behauptete Missstände” gefunden werden konnte. ÖVP und Grüne hätten die Kommission oft nur als “Showbühne” missbraucht.

Die SPÖ hat einen eigenen Abschlussbericht erstellt, der morgen, Donnerstag, in der letzten Sitzung der Kommission eingebracht und in weiterer Folge im Gemeinderat beschlossen wird. Einen offiziellen Minderheitsbericht wird es hingegen nicht geben. Die FPÖ wird dem heute von ÖVP und Grünen präsentierten Papier nicht zustimmen, wie FP-Gemeinderat David Lasar am Mittwoch im Gespräch mit der APA betonte. “Es wäre politischer Usus, dass man sich zusammensetzt und gemeinsam etwas verfasst”, meinte der FP-Vertreter. Das sei aber nicht geschehen. Die Grünen hätten von der FPÖ eine “Blankounterschrift” gewollt, die ÖVP hätten den Bericht der FPÖ nur kurz zum Lesen gegeben.

Die Stimmen der Freiheitlichen wären für einen “offiziellen” Minderheitsbericht nötig, weil ein solcher von mindestens fünf Abgeordneten unterzeichnet werden muss. ÖVP und Grüne verfügen in der Kommission aber nur über vier Mitglieder.

 

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