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Psychiater über das Coronavirus: Was man jetzt für die Seele tun sollte

Das Coronavirus zwingt viele Menschen zum Daheimbleiben - dabei sollte man aber auf gute Psychohygiene achten
Das Coronavirus zwingt viele Menschen zum Daheimbleiben - dabei sollte man aber auf gute Psychohygiene achten ©Pixabay (Sujet)
Derzeit gilt es mehr den je, auf sich und seine psychische Verfassung zu achten. Denn die Ausbreitung der Covid-19-Erkrankungen bedeutet für viele Menschen Stress und Belastung. Wiener Psychiater empfehlen Strategien dagegen.
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"Wir müssen alles tun, um Dauerstress zu verhindern. Wir brauchen Entspannung und Beruhigung. Das stärkt unsere Psyche und unsere Abwehrkräfte", sagte am Sonntag der Wiener Psychiater Michael Musalek gegenüber der APA. Das Krisenmanagement Österreichs sollte auch Maßnahmen zur Psychohygiene umfassen.

Psychiater: "Alles tun, um Stress abzubauen"

"Es sollte nicht nur um technische, organisatorische oder 'virologische' Maßnahmen gehen. Wir können durch Abbau von Stress auch unsere Immunlage verbessern. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Dauerstress die Abwehrkräfte herabsetzt. Also sollten derzeit alle Mittel zum Stressabbau nützen", erklärte Musalek, Ärztlicher Leiter des Anton Proksch Instituts und Begründer des Instituts für Sozialästhetik und psychische Gesundheit der Sigmund Freud Privatuniversität in Wien.

Psychohygiene: Fokus auf Schönes und viel Kommunikation

"Wenn die Menschen Angst haben, ist das schlecht. Wir sollten alle das tun, was uns Schönes beschert. Das ist ein gutes Buch, das ist schöne Musik. Das Fernsehprogramm sollte auf Spielfilme mit gutem Ausgang umschalten. Was aber besonders wichtig ist: Wir sollten mit unseren Angehörigen und Freunden möglichst viel kommunizieren. In diesem Fall eben per Telefon, Skype, E-Mails oder auf anderen Kanälen. Das geht auch in einer Situation, in der die Menschen zu Hause bleiben", sagte Musalek. Je älter Menschen seien und je mehr sie zu Ängstlichkeit tendierten, desto wichtiger seien diese Kontakte. Wichtig seien sie aber im Endeffekt für alle, weil es um das Sozialleben gehe.

Alkohol ist zu meiden

In Wien mag noch immer die alte Mär' vom "Lieben Augustin" umgehen. "Alkohol ist kein Mittel zur Entspannung. Alkohol dämpft das Immunsystem", sagte der Psychiater und Suchtspezialist. Hinzu kommt, wie Musalek regelmäßig in wissenschaftlichen Vorträgen erklärt, dass Alkohol selbst Depressionen fördert, speziell bei bereits Belasteten.

Coronavirus: Dauerstress und Massenhysterie verhindern

"Man kann sich den Problemen derzeit nicht völlig entziehen. Aber wir müssen alle Möglichkeiten nützen, um schlechten Dauerstress bis hin zur Massenhysterie zu verhindern", sagte Musalek. Krisenmanagement dürfe nicht die psychischen Belastungen der Menschen ignorieren. Man müsse auch auf sie eingehen.

Ganz besonders viel Unterstützung benötigten aktuell psychisch Kranke, sagte der Psychiater. "Sie sind oft schon infolge der Erkrankung auch in einer schlechteren immunologischen Lage." Wenn jetzt noch ständiger Stress hinzukomme, könne das zur Verschlechterung der Situation der vulnerablen Betroffenen führen.

Wiener Psychiater: Achtsam mit der Seele umgehen

Keine Arbeit oder "Home Office", Beschränkung bei sozialen Kontakten in Lokalen, deutlich mehr Isolation für betagte Menschen - das kann derzeit erhebliche seelische Probleme bedeuten. "Wir sollten auf unsere Psyche achten", stellte dazu am Montag der Chefarzt der Wiener Psychosozialen Dienste (PSD), Georg Psota, gegenüber der APA fest. Tagesstruktur und Festlegen von Routinen unterstützten dabei.

Coronavirus-Krise: Ordnung machen als Hilfsstrategie

"Vielen Menschen hilft es, wenn sie Ordnung machen. Das beschäftigt, lenkt ab und gibt ein gutes Gefühl. Ebenso hilft vielen Menschen, wenn Sie sich den jeweiligen Tag oder die nächsten Tage gut strukturieren: 'Sich die Zeit über den Tag verteilt einteilen, dann mache ich dieses und dann mache ich jenes'. - Eben zu Hause im privaten Umfeld", erklärte der Psychiater.

Genug zu tun gäbe es da wahrscheinlich für die meisten Menschen. "Man kommt sonst meistens ohnehin nicht dazu. Alles Mögliche, was man schon längst zusammenräumen wollte, könnte jetzt einmal in Ordnung gebracht werden", sagte der Experte.

Routine: Tag strukturieren ist jetzt wichtiger denn je

Wichtig für die "Daheimgebliebenen" sei auch das Aufnehmen einer adaptierten Routine, betonte Psota. "Es ist auch sinnvoll, sich bestimmte Telefonate zu bestimmten Zeitpunkten auszumachen, also jemand wie ein älterer Angehöriger, den man derzeit nicht besuchen kann, wird jeden Tag um die gleiche Zeit oder die gleichen Zeiten angerufen und braucht nicht zu warten, bis man sich meldet."

Es gehe einfach darum, den Tag zu strukturieren. Der Psychiater: "Das bringt ein Gefühl der Übersicht und einer eigenen Wirksamkeit. Gymnastikübungen, die man schon längst machen wollte, aber zu denen man nie gekommen ist, sind auch eine Möglichkeit. Selbstverständlich einzeln in einem Zimmer, aber auf jeden Fall."

Achtsamkeit statt ständigem Medienkonsum

Schließlich gehe es auch um den Medienkonsum. Psota appellierte: "Man muss sich auch nicht dauernd, und hier meine ich wirklich dauernd, unangenehme Nachrichten anhören. Man kann davon auch einmal Pause machen und sich einen Film geben, den man auf DVD hat und schon längst ansehen wollte." Achtsamkeit für die eigene Seele und die Psyche der nächsten Angehörigen, Freunde, Bekannten und Mitmenschen generell sei jetzt angebracht.

(apa/red)

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