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Psychiater: Seit dem Fall Brunnenmarkt keine Verbesserungen

2016 erschlug ein psychisch Kranker eine Frau am Brunnenmarkt.
2016 erschlug ein psychisch Kranker eine Frau am Brunnenmarkt. ©APA/HERBERT P. OCZERET
Seit dem Vorfall auf dem Wiener Brunnenmarkt im Mai 2016 hat sich der Umgang mit psychisch kranken Gefährdern nicht geändert.

Davon zeigte sich der Psychiater Reinhard Eher am Mittwoch bei einem Workshop für Journalisten im Presseclub Concordia in Wienüberzeugt. “Weil wir keine Veränderung (der Rahmenbedingungen, Anm.) erfahren haben”, begründete der Experte diese Einschätzung.

Kaum Verbesserungen bei Behörden

Im Mai 2016 hatte ein psychisch kranker, vorbestrafter und von der Justiz zur Aufenthaltsermittlung ausgeschriebener Täter am WienerBrunnenmarkt eine 54-jährige Frau auf dem Weg zu ihrer Arbeit mit einer Eisenstange erschlagen. Danach hatte eine vom damaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) eingerichtete Sonderkommission Vorschläge vorgelegt, wie man solche Straftaten durch bessere Zusammenarbeit der Behörden in Zukunft verhindern könnte. Diese Vorschläge seien aber großteils nicht umgesetzt worden, sagte Eher, Leiter der Begutachtungs-und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter.

Der Experte ortete in der Betreuung psychisch kranker Menschen, die eine potenzielle Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen, ein “großes schwarzes Loch” zwischen dem Unterbringungsgesetz (UbG), das bei unmittelbarer Gefahr greift, aber nur solange diese unmittelbare Gefahr besteht, und dem Paragrafen 21 Strafgesetzbuch, der die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher regelt. Letzterer ist nur bei einer begangenen Straftat anzuwenden. Zwischen der Entlassung aus der Unterbringung, nachdem die unmittelbare Gefährdung anderer etwa durch die Verabreichung von Medikamenten beseitigt worden ist, und den im Falle einer Straffälligkeit anzuwendenden Paragrafen 21 StGB gebe es nichts.

Psychische Störung bei Straftätern besonders hoch

Kriminologe Wolfgang Gratz betonte, Experten sei diese Lücke durchaus bewusst. Es werde über deren Schließung diskutiert. Man wisse aber noch nicht, wie dies erfolgen kann.

Eher wies darüber hinaus darauf hin, dass etwa ein bis zwei Prozent der verurteilten Straftäter psychisch gestört und daher die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verfügt worden ist. Tatsächlich ist die Quote psychischer Erkrankungen bei verurteilten Straftätern um vieles höher, aber es werde eben keine geistige oder seelische Abartigkeit höheren Grades festgestellt, die eine Einweisung begründen muss.

(APA/Red)

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