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Prozess um 19-Jährigen, der in Wiener Wohnung gefoltert wurde

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Mit brennenden Zigaretten, Glasscherben und einer Hundeleine ist am 6. Mai 2008 ein 19 Jahre alter Bursch in seiner Wohnung in einem Gemeindebau in Wien-Favoriten gefoltert worden.

Sein “Vergehen”: Der drogenabhängige Jugendliche hatte einem 34-jährigen Mann zwei Tabletten gestohlen. Der 34-Jährige rückte daraufhin mit seiner 19 Jahre alten Freundin und einem 45-jährigen Bekannten an, “um ihn zur Rede zu stellen”, wie er am Donnerstag im Straflandesgericht darlegte. Die Verhandlung wird am 8. September fortgesetzt.

Staatsanwältin Karin Bauer legt dem angeklagten Trio Vergewaltigung, schwere Körperverletzung, Raub und gefährliche Drohung zur Last. Strafrahmen: Bis zu 15 Jahre Haft. Das Opfer hat sich von den erlittenen Misshandlungen bis heute nicht erholt. Der junge Mann leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung, ist arbeitsunfähig und traut sich nicht mehr außer Haus. “Er hat sich in seiner Wohnung verbarrikadiert”, berichtete seine Rechtsvertreterin.

Der 19-Jährige und der mutmaßliche Haupttäter kannten einander aus der Suchtgift-Szene. Beide befanden sich in einem Drogenersatzprogramm, wo ihnen das Präparat Substitol – ein retardierendes Morphin – verabreicht wurde. Zwei Tabletten davon kamen dem 35-Jährigen abhanden, was ihn dazu veranlasste, den Jugendlichen zu “bestrafen” und auf entsetzliche Weise zu malträtieren.

Der 19-Jährige wurde gleich einmal mit Faustschlägen zu Boden befördert, als er dem Trio die Tür öffnete. Als er den Diebstahl zugegeben und sich dafür entschuldigt hatte, legte man ihm eine Hundeleine um den Hals und zerrte ihn durch die Wohnung. Dann wurde er sexuell gedemütigt. Im Anschluss drückte ihm die 19-Jährige – ebenfalls suchtgiftabhängig und ohne Job – eine brennende Zigarette ins Auge.

“Ja, ich hab das gemacht”, gestand das Mädchen ohne sichtliche emotionale Bewegung dem Schöffensenat (Vorsitz: Norbert Gerstberger). Auf die Frage nach dem Warum meinte sie: “Weil er so gejammert hat.” Sie habe “nicht nachgedacht zu diesem Zeitpunkt”. Das Ganze sei nicht geplant gewesen: “Ich hab’s nicht geglaubt, dass das so ausartet.”

Der 19-Jährige musste seinen Peinigern auch noch die Stiefel ablecken. Er wurde mit Feuerzeugbenzin übergossen und angezündet. Als seine Haare brannten, erstickten die Täter die Flammen. Man zertrümmerte einen Glastisch und fügte ihm damit Schnittwunden im Gesicht und anderen Körperstellen zu. Der 19-Jährige wurde weiters gezwungen, Putzmittel zu trinken.

Am Ende, als das Opfer nach eigenen Angaben – er wurde im Vorverfahren kontradiktorisch einvernommen, was ihm nun einen Zeugenauftritt bei Gericht ersparte – nur mehr winselte und um ärztliche Hilfe bettelte, fesselte man ihn an Händen und Füßen und verklebte ihm den Mund. Dann verließen seine Peiniger die Wohnung.

Der Bursch verbrachte die Nacht hilflos am Boden. Am nächsten Vormittag tauchte der 34-Jährige auf, befreite ihn und warnte ihn davor, Anzeige zu erstatten: “Dann mach ich dich endgültig meier!”

Beim nächsten Termin werden ein gerichtsmedizinisches Gutachten über die Verletzungen des jungen Mannes und ein neurologisches Gutachten hinsichtlich der erlittenen psychischen Folgen erörtert. Außerdem wird ein Video mit den Misshandlungen und sexuellen Demütigungen abgespielt, die einer der Angeklagten mit seinem Mobiltelefon mitgefilmt hatte. Weiters wird jenes Videoband gezeigt, das im gerichtlichen Vorverfahren mit dem Burschen aufgenommen wurde: Dank der kontradiktorischen Einvernahme muss er in der Verhandlung nicht mehr als Zeuge aussagen.

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