Richter Günther Böhler ließ auf Antrag von Staatsanwaltschaft und Verteidigung unter anderem die Ex-Frau des 50-Jährigen sowie einen früheren Gerichtspräsidenten des Landesgerichts Feldkirch vorladen. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, von 1995 bis 2007 über 400.000 Euro für angefertigte Kopien auf sein Privatkonto abgezweigt zu haben. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Angeklagter bekannte sich teilweise schuldig
Der Gerichtsbedienstete bekannte sich zu Prozessbeginn gegenüber dem Schöffensenat für den angeklagten Zeitraum nicht schuldig. Er gestand bei seiner Befragung lediglich ein, ab 2007 bis zu seiner Suspendierung 2009 Kopien “in geringfügigem Umfang” angefertigt zu haben. Erst ab 2007 habe es seiner Aussage nach eine klare Dienstanweisung gegeben, die die private Anfertigung von Kopien untersagt habe.
Die Kopien habe der Angeklagte für Privatpersonen, Rechtsanwälte, Versicherungen und Verfahrensbeteiligte auf einem privaten Gerät in seiner Wohnung gemacht. Dazu sei er jeden Tag mit einem Koffer voller Akten bei Gericht ein- und ausgegangen, schilderte der Vorarlberger. “Jeder wusste, dass ich privat kopiere und dass ich eine Genehmigung dafür habe”, behauptete der 50-Jährige.
Von einem Erlass aus dem Jahr 1995, der Gerichtsmitarbeitern die entgeltliche Anfertigung von Kopien für Dritte untersagte, habe er gewusst. Allerdings habe er gedacht, dass diese Bestimmung lediglich für Gerichtskopierer gelte, nicht aber für private. Deshalb habe er sich berechtigt gefühlt, das zu tun. Außerdem sei es ihm das Kopieren von einem früheren, mittlerweile verstorbenen, Präsidenten des Landesgerichts Feldkirch genehmigt worden. “Man hat das als Serviceleistung für Anwälte und als Entlastung der Behörde angesehen”, meinte der Beschuldigte.
Dem widersprach ein Zeuge. “Das war mir soweit nicht bekannt. Es ist mir auch nie aufgefallen, dass er Akten mit nach Hause nahm”, meinte ein ehemaliger Leiter der Geschäftsstelle des Landesgerichts. Davon, dass auch andere Mitarbeiter – wie vom Beschuldigten angegeben – privat Kopien angefertigt hätten, habe er keine Kenntnis gehabt.
Der Betrag, den er für die Schriftstücke pro Seite verlangt habe, sei zum Teil doppelt so hoch gewesen, gab der Angeklagte an. Auf die Frage eines Schöffen, ob er mit der privaten Kopiertätigkeit besser verdient habe als in seinem “Brotberuf”, antwortete der 50-Jährige knapp: “Wenn man es zusammenzählt, sicher”.
Staatsanwältin Birgit Unterguggenberger beantragte die Einvernahme der Ex-Frau um zu beweisen, dass der Vorarlberger die Kopien entgegen seiner Aussage mit einem amtlichen Kopierer gemacht habe. Verteidiger Martin Mennel will mit der Befragung der Zeugin seinen Angaben nach das genaue Gegenteil belegen.