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Prozess gegen Amokfahrer - Alen R. erschien von Kopf bis Fuß in Weiß

Der Angeklagte erschien von Kopf bis Fuß in Weiß.
Der Angeklagte erschien von Kopf bis Fuß in Weiß. ©APA
Zu seinem Prozess im Straflandesgericht ist der mutmaßliche Amokfahrer von Graz am Dienstag komplett in Weiß und ohne Bart erschienen. Im Juni vorigen Jahres soll er mit seinem Geländewagen durch die Innenstadt gerast sein und drei Menschen getötet haben. Zwei Staatsanwälte und die Verteidigerin hielten ihre Eröffnungsplädoyers kurz. Alen R. gab an, er habe sich verfolgt gefühlt.
Beginn des Prozesses gegen Grazer Amokfahrer

Graz. Die Verhandlung begann aufgrund der Verspätung von Anwältin Liane Hirschbrich mit zehnminütiger Verspätung. Alen R. war nicht wiederzuerkennen: Weißer Anzug, weißes Hemd, weiße Schuhe, die Haare kurz geschnitten, der Bart völlig abrasiert, eine Brille. Er sprach ein wenig zögernd, folgte aber den Ausführungen der Redner sehr aufmerksam.

“Mit 80km/h durch Herrengasse gerast”

Staatsanwalt Rudolf Fauler schilderte noch einmal die Wahnsinnsfahrt vom 20. Juni, die nur wenige Minuten dauerte, aber “für viele Menschen eine Zäsur darstellte”, meinte der Staatsanwalt. R. raste “mit bis zu 80 km/h durch die Herrengasse”, wobei sein Geländewagen zahlreiche Personen erfasste. Eine Frau und ein vierjähriger Bub waren sofort tot, ein Fußgänger war bereits zu Beginn der Fahrt niedergemäht und getötet worden. Ein weiteres schwerverletztes Opfer war einige Monate später an Herzversagen gestorben, was aber laut Staatsanwaltschaft nichts mit der Tat zu tun hatte.

Der zweite Staatsanwalt, Hansjörg Bacher, erklärte den Geschworenen in erster Linie das Problem mit den unterschiedlichen psychiatrischen Gutachten, von denen zwei R. als nicht zurechnungsfähig eingestuft hatten, während ihm ein Sachverständiger Zurechnungsfähigkeit bescheinigte. Bacher betonte allerdings, dass letztlich das Gericht und damit die Geschworenen entscheiden würden.

“Ich habe mich verfolgt gefühlt”

Alen R. betonte, er habe Panik gehabt, weil er sich verfolgt gefühlt habe. Angeblich hätte er Schüsse gehört, dann sei er geflüchtet. “Ich wollte niemanden überfahren, ich wollte nur weg, damit ich nicht erschossen werde”, gab er an. Auch technische Defekte seines Wagens führte er ins Treffen, doch das hatte der Gutachter im Vorfeld widerlegt. “Auf mich macht es den Eindruck, als hätten Sie die Menschen gezielt anvisiert”, meinte Richter Andreas Rom. “Ich habe mich verfolgt gefühlt”, kam es immer wieder vom Betroffenen.

“Die Leute weichen ja sowieso aus”

Bei seiner Befragung gab Alen R. (27) an, er habe “nicht gewusst, dass ich wen verletzen könnte, weil die Leute ja sowieso ausweichen.” Der Richter konfrontierte ihn mit Videos der Amokfahrt auf denen zu sehen ist, dass R. einige Menschen offenbar gezielt anvisiert hat. Er beteuerte immer wieder, er habe nur flüchten wollen.

“Sie sind kein Christ”

Richter Andreas Rom meinte, er sei “verwundert” über das überaus gepflegte Aussehen des mutmaßlichen Amokfahrers. “Die Zeit in der Unterbringung hat Ihnen offenbar gut getan”, befand der Vorsitzende. Ein wichtiges Thema waren die Eheprobleme mit seiner mittlerweile geschiedenen Frau, die er bedroht und zum Tragen der Burka gezwungen haben soll. “Das stimmt nicht, sie war Muslima, ich bin Christ”, erklärte er. Die beisitzende Richterin Eva Cesnik hakte nach: “Seit wann sind Sie Christ? Sie haben immer angebenen, dass Sie Muslim sind. Wann wurden Sie getauft?” “Nie”, meinte der 27-Jährige. “Dann sind Sie kein Christ”, befand die Richterin. “Kein getaufter”, räumte der Befragte ein.

“Ich hatte ein erfülltes Leben”

Am 20. Juni wollte er sich angeblich mit einer Frau treffen, weil er sich bereits nach einer neuen Partnerin umsah. Doch die Internetbekanntschaft erschien nicht. “Mein Schwiegervater wollte mich dorthin locken”, vermutet er heute. Dann hörte er Schüsse und raste los. “Der Tag war für Sie schrecklich, und zwar nicht in Bezug auf die Fahrt. Ihre Frau und ihre Kinder waren im Frauenhaus, beruflich lief nichts und die Frau ist nicht erschienen. Da haben Sie sich ins Auto gesetzt und gedacht, ich habe doch noch die Macht”, mutmaßte Richter Andreas Rom. “Nein, ich hatte ein erfülltes Leben”, entgegnete der Befragte.

Auf den Videos sah man, dass er immer wieder direkt auf Passanten zugefahren ist. “Sie sagen, Sie sind kein geübter Fahrer. Ich habe eher den gegenteiligen Eindruck, mit so einem schweren Fahrzeug in einem so engen Radius zu wenden ist nicht einfach”.

Mit Frauen habe es “immer nur Stress gegeben”

Vorgespielt wurde auch ein Video von der Einvernahme am 21. Juni 2015, einen Tag nach der Tat. Damals war er weit weniger zuvorkommend und höflich als bei der Verhandlung nun ein Jahr später, sondern weigerte sich sogar, den Namen seiner Frau zu nennen. “Weil mir das alles auf die Nerven geht”, sagte er damals. Mit den Frauen – er war zwei mal verheiratet – habe es “immer nur Stress gegeben.”

(APA)

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