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Prostituierte niedergestochen: "Gefühl der Macht"

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10. Bezirk, 1100 Wien Favoriten -  Was einen Menschen -  noch dazu in jungen Jahren -  dazu treibt, einen anderen töten zu wollen, werden im Fall eines 15-jährigen Wieners, der am Samstag mehr als 20 Mal auf eine Prostituierte eingestochen hat, psychiatrische Sachverständige klären müssen.
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Bilder vom Tatort
15- Jähriger stach Callgirl nieder

“Ferndiagnosen sind in einem derartigen Fall schwierig. Man kann nur von Hypothesen ausgehen”, sagte Psychologin Claudia Rupp vom Berufsverband der Österreichischen Psychologen (BÖP) und Mitarbeiterin bei der Institution “Männerberatung” in Wien. Im aktuellen Fall “scheint es einen Bezug zu Prostituierten zu geben”, meinte sie.

“Wenn der Bursche glaubt, dass der Vater durch Anrufe bei Sex-Hotlines die Familie in Schulden gestürzt oder durch Besuche bei Prostituierten die Beziehung zur Mutter zerstört hat”, dann könne man die Tat als Rache werten, die er stellvertretend für die Mutter ausführte, so eine Hypothese der Psychologin. Damit wäre der Jugendliche quasi in die Erwachsenenrolle geschlüpft und hätte auf diese Weise versucht, etwas zu glätten, “was aber ein absurdes Unterfangen ist”.

“Eine hochsensible Zeit bei Trennungen

Die Eltern des Burschen haben sich vor mehr als drei Jahren getrennt. “Gerade das Alter von elf, zwölf Jahren, also die Schwelle zur Pubertät, ist eine hochsensible Zeit bei Trennungen”, sagte Rupp. Die positive Identifikation mit der Vaterfigur wird dann schwierig oder unmöglich.

Besonders wichtig seien in dem Alter Vorbilder für positive Beziehungsgestaltung. Wie geht man eine Beziehung an? Wie führt man eine solche? Die Antworten darauf gilt es in einem Entwicklungsschritt zu erarbeiten. “Die Entwicklungsaufgabe in diesem Alter wäre, Beziehungen zu Gleichaltrigen zu knüpfen. Gibt es keine Vorbilder, dann ist das schwierig.”

Man kann auch davon ausgehen, dass in der frühkindlichen Entwicklung etwas fehlgeschlagen sein muss – im Sozialisationsprozess, wo es um Bindung und Beziehung geht. Es sei häufige Genese, dass Gewalttäter selber Gewalt erlebt haben oder in einem Milieu aufgewachsen sind, wo Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung “legitimiert” war, sagte die Psychologin.

Es müsse viel an aufgestauter Wut, Frustration und Hass zusammentreffen, damit sich die Situation derart entladen kann. Die Tatausführung gibt dem Jugendlichen kurzzeitig das Gefühl mächtig zu sein, “wenn man sich sonst so ohnmächtig fühlt”. Letztendlich wird ein psychiatrischer Sachverständiger abklären müssen, ob bei dem Jugendlichen eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung oder eine geistig-seelische Abartigkeit höheren Grades vorliegt.

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