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Pränataldiagnostik nicht immer sicher

In die erste Euphorie nach Bekanntwerden einer Schwangerschaft mischen sich bei vielen Paaren bald Sorgen über die Gesundheit des Kindes. Dabei kommen 96 von 100 Kindern völlig gesund zur Welt.

Von den übrigen vier Prozent hat rund die Hälfte eine Krankheit oder Behinderung, die ihr Leben nicht sonderlich beeinträchtigen wird. Allerdings steigt das Risiko einer Fehlentwicklung mit dem Alter der Mutter. So erwartet unter allen 35-jährigen Schwangeren im Durchschnitt eine von 370 ein Kind mit Down-Syndrom, unter den 40-Jährigen ist es eine von 100.

Um festzustellen, ob ein Kind gesund zur Welt kommen wird, gibt es eine Reihe vorgeburtlicher Untersuchungen, zusammengefasst unter dem Begriff Pränataldiagnostik. Zwar muss keine Frau eine solche Untersuchung machen lassen, die meisten tun es aber und sind sich dessen gar nicht bewusst. Denn bereits die drei standardmäßigen Ultraschalluntersuchungen, denen sich fast jede Schwangere unterzieht, geben Aufschluss über mögliche Fehlentwicklungen des Kindes.

„Pränataldiagnostik ist kein klar abgegrenzter Bereich“, sagt Angelika Dohr von der Schwangerenberatung des Vereins Pro Familia in Münster. „Auch wenn die Frau nur wissen will, ob sie einen Buben, ein Mädchen oder Mehrlinge bekommt, sieht der Arzt im Ultraschall möglicherweise Hinweise auf Fehlbildungen.“ Wohlgemerkt Hinweise. Denn Ultraschallbilder begründen nur einen Verdacht. Stellt sich in weiteren Untersuchungen heraus, dass das Kind gesund ist, wurde die Schwangere unnötig verunsichert.

Besonders beim Ultraschall hängt die Aussagekraft der Ergebnisse stark von der Erfahrung des Arztes und der Qualität seiner Geräte ab. Bestimmte Untersuchungen dürfen nur von Ärzten mit entsprechender Ausbildung gemacht werden. So etwa der Ersttrimester-Test, eine Kombination aus Ultraschall- und Blutuntersuchung. Mit dem Ultraschall wird gemessen, wie dick der Nacken des Embryos ist. Denn eine bestimmte Dicke kann auf einen Gendefekt hinweisen. Durch die Blutuntersuchung werden spezielle Eiweiße und Schwangerschaftshormone im Blut der werdenden Mutter bestimmt.

Doch auch die Ergebnisse dieser beiden Untersuchungen geben nur eine Wahrscheinlichkeit für einen Gendefekt an, keine verlässliche Diagnose. Nach Angaben des Leiters der Pränatalmedizin an der Uniklinik Münster, Johannes Steinhard, lässt sich nach einem Ersttrimester-Test mit etwa 90-prozentiger Sicherheit sagen, ob das Kind tatsächlich einen Gendefekt hat.

Gibt es einen solchen Hinweis, kann eine Fruchtwasserentnahme gemacht werden. Hierbei wird eine Nadel durch die Bauchdecke in die Fruchtblase geschoben. Das Fruchtwasser enthält Zellen des Embryos. Deren Untersuchung gibt einen zu 99 Prozent sicheren Hinweis darauf, ob der Embryo einen Gendefekt hat. Außerdem lässt sich mit etwa 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit sagen, ob ein so genannter Neuraldefekt vorliegt, etwa ein offener Rücken. Allerdings löst das Verfahren in einem von 150 Fällen eine Fehlgeburt aus. Außerdem liegt das Ergebnis oft erst nach einigen Wochen vor.

Auch der noch nicht voll entwickelte Mutterkuchen enthält Erbgut des Kindes. Dieses kann nach der Entnahme von Zellen aus dem Mutterkuchen durch die Scheide oder die Bauchdecke untersucht werden. Hier liegt das Ergebnis schon nach wenigen Tagen vor. Außerdem kann der Test bereits ab der elften Schwangerschaftswoche und nicht wie bei der Fruchtwasserentnahme erst ab der fünfzehnten gemacht werden. Allerdings werden über die Entnahme von Mutterkuchen nur Erkenntnisse über mögliche genetische Defekte und nicht über Neuraldefekte gewonnen. Das Risiko einer Fehlgeburt liegt bei etwa einem Prozent.

Neben der Gefahr einer Fehlgeburt tritt besonders bei diesen als invasiv bezeichneten Diagnosemethoden ein weiteres Problem hinzu. Denn wird tatsächlich eine schwere Krankheit oder Behinderung des Kindes festgestellt, steht die Frau möglicherweise vor der heiklen Frage eines möglichen Schwangerschaftsabbruchs. „Dessen sind sich viele vorher nicht bewusst“, sagt Dohr. „Ist das Ergebnis nicht wie erhofft, fallen viele in ein tiefes Loch.“ Dohrs empfiehlt deshalb, sich schon vor einer Untersuchung unbedingt Gedanken über die möglichen Folgen zu machen.

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