Ein Wiener Polizist hatte sich am Montag wegen angeblicher Misshandlung eines Häftlings im Straflandesgericht zu verantworten. Der 20-jährige Bursch gab an, er wäre von dem Beamten im Arrestraum gewürgt worden, weil er sich nicht vollständig entkleiden wollte. Der Polizist wurde freigesprochen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er nach zehn Jahren Berufserfahrung die Nerven verliert, wenn einer eine Boxershort nicht auszieht, bemerkte der Richter.
Nur “oberflächliche Rötung”
Außerdem liege gar keine Verletzung, sondern nur eine oberflächliche Rötung vor, hieß es in der Begründung unter Berufung auf ein gerichtsmedizinisches Gutachten. Diese würde er auch nicht unbedingt als entsetzlich empfinden, so der Richter abschließend. Der Freispruch ist rechtskräftig.
Der junge Mann war in der Nacht auf den 1. Mai 2005 festgenommen worden, nachdem er in angetrunkenem Zustand in der Innenstadt ein geparktes Auto beschädigt hatte. Im Wachzimmer wurden seine Daten aufgenommen, anschließend sollte er perlustriert werden.
Er ist aufgefordert worden, die Visitierung zu dulden. Er hat es ins Lächerliche gezogen, erklärte der Polizist.
“An der Kehle gepackt”
Der Bursch wiederum gab an, der Polizist habe sich Gummihandschuhe übergestreift. Er habe darauf bestanden, dass ein Amtsarzt die Untersuchung vornehme und sich daher nicht zur Gänze ausziehen wollen. Darauf hin sei der Polizist ausgezuckt: Er hat mich an der Kehle gepackt und zugedrückt.
Der Beamte behauptete, dem sei ein Angriff des halb nackten jungen Mannes vorangegangen. Zugegeben, er habe ihn daraufhin gepackt und gegen die Wand gedrückt: Es ist sicher nicht meine Absicht gewesen, ihn zu verletzen.
Neun Stunden später, nachdem der 20-Jährige wieder enthaftet worden war, ergab eine amtsärztliche Untersuchung halbkreisförmige Rötungen im Halsbereich. Wenig später wurden diese in einem Spital bestätigt, jedoch als streifenförmig beschrieben. Der Polizist führte die rötlichen Spuren auf Verrutschungen des Sakkos und des Hemdes zurück.
“Keine Gesundheitsschädigung”
Der beigezogene Gerichtsmediziner sprach von Gewebsreaktionen. Verletzungen und eine Gesundheitsschädigung lägen nicht vor. Für die unterschiedliche Einschätzung des Amtsarztes und des Spitals hatte er keine Erklärung. Vermutlich deshalb verzichtete die Staatsanwältin auf Rechtsmittel gegen den Freispruch.