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Polizist angeklagt: Auf Notrufe nicht reagiert

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Amtsmissbrauchs-Vorwurf: Hohenemser Morde hätten vielleicht verhindert werden können, wenn Beamte sofort losgeschickt worden wären.
Polizist unter Verdacht
Familientragödie in Vorarlberg

Von Seff Dünser (NEUE)

Möglicherweise hätte eines der brutalsten Verbrechen der letzten Jahre in Vorarlberg verhindert werden können, wenn ein Polizist auf telefonische Notrufe rasch reagiert hätte.

Im September 2017 hat ein türkischstämmiger Mann in einem Mehrparteienhaus in Hohenems seine beiden Töchter im Alter von vier und sieben Jahren und danach seine 33-jährige Gattin erstochen. Dann rammte sich der Täter (38) im Badezimmer der Wohnung ein Messer in die Brust und sprang aus dem Fenster in die Tiefe. Der mutmaßliche Dreifachmörder kam dabei ums Leben. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch hat nun am hiesigen Landesgericht gegen den Polizisten Anklage wegen des Verbrechens des Amtsmissbrauchs erhoben. Das bestätigte gestern, Montag, Gerichtssprecher Norbert Stütler auf Anfrage.

Nicht reagiert

Dem Bundespolizisten wird vorgeworfen, er habe es trotz mehrerer Notrufe eines Wohnungsnachbarn unterlassen, unverzüglich eine Polizeistreife zum Tatort zu schicken. Vor den Bluttaten hat ein Nachbar unter der Notrufnummer 133 den diensthabenden Sachbearbeiter der Polizei am Telefon über Schreie von Erwachsenen und Kindern aus der Wohnung informiert und darüber, dass ­gegen den Familienvater ein Betretungsverbot bestehe. ­Trotzdem hat der Polizist nach den Feststellungen der Disziplinarkommission des Innenminis­teriums erst nach mehr als einer Viertelstunde und erst nach dem fünften Notruf des Nachbarn reagiert und die Polizeiinspektion Hohenems alarmiert. Wenige Minuten davor hatte aber bereits der Nachbar selbst bei der Hohenemser Polizei angerufen, so die Disziplinarkommission. Als die Polizisten am Tatort eintrafen, konnten sie nur noch den Tod von vier Menschen feststellen. Die Disziplinarkommission hat im Vorjahr im Disziplinarverfahren den Vorarlberger Polizisten entlassen. Der 49-jährige Beschuldigte bekämpft nach ­Angaben seines Anwalts Bertram Grass die Entlassung beim Bundesverwaltungsgericht.

Bis zu fünf Jahre Haft. Im Amtsmissbrauch-Strafverfahren ist Richterin Sonja Nachbaur die Vorsitzende des Schöffensenats. Es liegt noch kein Verhandlungstermin vor. Für den Fall eines Schuldspruchs beträgt der Strafrahmen sechs Monate bis fünf Jahre Haft. Für den Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. Der beschuldigte Polizist sagte im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, er könne sich nicht erklären, warum er auf die Notrufe nicht früher reagiert habe.

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