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Politiker in bezahlter Funktionslosigkeit

Kommentar von Johannes Huber zu "nicht amtsführenden" Politikern und deren möglicher Abschaffung
Kommentar von Johannes Huber zu "nicht amtsführenden" Politikern und deren möglicher Abschaffung ©APA
Gastkommentar von Johannes Huber. Schwarz-Blau könnte Größe zeigen und die nicht amtsführenden Stadträte endlich abschaffen. Es wäre nur ein Symbol, aber ein gutes.

Aus Sicht der Steuerzahler ist es so empörend, dass man es gar nicht oft genug wiederholen kann: Wien leistet sich „nicht amtsführende Stadträte“, ja sogar einen „nicht amtsführenden Vizebürgermeister“. Das sind Vertreter der Opposition, die der Regierung angehören, aber keine wesentliche Funktion haben. Sie dürfen nur diese Titel tragen und werden auch noch dafür bezahlt: Gernot Blümel (ÖVP), Ursula Stenzel, Eduard Schock und Anton Mahdalik (allesamt FPÖ) erhalten als „nicht amtsführende Stadträte“ 8755,80 Euro; Johann Gudenus (FPÖ) bringt es als „nicht amtsführender Vizebürgermeister“ auf 9631,40 Euro. Alles in allem kosten ihre Bezüge also mehr als 600.000 Euro im Jahr.

Wobei man den Herrschaften persönlich keinen Vorwurf machen kann. Schuld ist das System. Und dazu gehören vor allem einmal ihre Parteien: Für eine Abschaffung ist im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit nötig. Rot-Schwarz hat über eine solche zwar eine halbe Ewigkeit verfügt, sie aber nicht genützt. Was zeigt: Auch die SPÖ ist ein Stück weit schuld daran.

Umso mehr Größe könnte Schwarz-Blau auf Bundesebene nun zeigen: Blümel, Vertrauter von ÖVP-Chef Sebastian Kurz, könnte als Teilnehmer der Koalitionsverhandlungen sogar selbst dafür sorgen, dass diese überflüssigen Funktionen endlich abgeschafft werden. Grund: Die FPÖ, die nach außen hin schon immer über Postenschacher, Sesselkleber und dergleichen wettert, könnte gar nicht anders, als dem zuzustimmen. Die Neos wären wohl in jedem Fall dabei (sie haben nichts zu verlieren). Und die Zweidrittelmehrheit zur Beschlussfassung wäre damit schon erreicht. Und die SPÖ? Sie dürfte sich entscheiden: Unterstützt sie das Überfällige; oder lässt sie sich beschämen.

Dass es „nicht amtsführende Stadträte“ überhaupt gibt, hat letzten Endes nur mit Geld zu tun: Es hilft Parteien, Kosten zu sparen und zusätzliche Leute, die aus ihrer Sicht wichtig oder wohlverdient sind, unterzubringen. Gerade für die Kleinen ist das sehr attraktiv: Die ÖVP ist zum Beispiel selbst nicht mehr reich und hält im Gemeinderat auch nur noch sieben Mandate. Da ist ihr mit dieser einen lukrativen Stelle für Blümel sehr geholfen; das ist wie ein Extramandat.

Was für die eine oder andere Partei gut ist, ist jedoch schlecht für die Steuerzahler. Sie müssen dafür blechen. Und auch wenn es nur um eine bescheidene Summe gehen mag im Vergleich zu den Schulden der Stadt oder den Aufwendungen für die Mindestsicherung oder was auch immer, dann ändert das nichts daran. Im Gegenteil: Die Abschaffung wäre ein Signal, dass eine Politik, die sich zunehmend auf symbolische Maßnahmen beschränkt, zwischendurch auch einmal ernst gemeint sein kann.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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