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Piloten drohen bei weiterem Reifenchaos offen mit GP-Boykott

Tausch der Hinterreifen in Deutschland verboten, Neigungswinkel und Luftdruckwerte festgelegt
Tausch der Hinterreifen in Deutschland verboten, Neigungswinkel und Luftdruckwerte festgelegt ©AP
Weitere Reifenplatzer hätten einen sofortigen Boykott des Grand Prix von Deutschland zur Folge.
Mercedes dominiert 1. Training
Pirelli gibt Teams Mitschuld
Konsequenzen aus Reifen-Desaster

Diese drastische Maßnahme haben die Formel-1-Piloten bereits am Donnerstagabend vor dem Rennen auf dem Nürburgring beschlossen. Zuletzt in Silverstone waren gleich fünf Reifen gefährlich abgegangen. Die vermeidbaren Probleme würden “das Leben der Fahrer, Streckenposten und Fans gefährden”, betonte die Fahrervereinigung GPDA am Abend in einer eindringlichen Stellungnahme.

Reifen-Explosionsserie in Silverstone

In Silverstone waren im Rennen innerhalb kurzer Zeit die linken Hinterreifen an drei verschiedenen Autos förmlich explodiert:

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Schon im Training hatte es einen Fall gegeben, kurz vor Ende des Rennen einen weiteren. Der Ausrüster Pirelli kündigte nach einer eingehenden Fehleranalyse bereits für den Nürburgring überarbeitete Reifen an. Eine Kevlarschicht soll das bisher verwendete Stahlband ersetzen, um Überhitzungen an der Innenschulter zu vermeiden.

Der Automobil-Weltverband (FIA) leitete Sofortmaßnahmen ein und machte auch vor Regeländerungen nicht halt, um die Sicherheit der Piloten künftig besser gewährleisten zu können. Der ursprünglich den Nachwuchsfahrern vorbehaltene Test in zwei Wochen in Silverstone wurde für alle Piloten geöffnet, um Reifen auszuprobieren – wenngleich nicht alle Fahrer begeistert sind, auf die gefährliche Strecke zurückzukehren.

Alonso: “Setze mein Leben nicht aufs Spiel”

Ferrari-Star Fernando Alonso etwa will sein Leben nicht noch einmal aufs Spiel setzen, war er doch schon beim Grand Prix von Großbritannien nur knapp einem wegfliegenden Reifenteil des McLaren von Sergio Perez entgangen. In der Formel 1 hat binnen weniger Tage eine neue Sicherheitsdiskussion eingesetzt. Die Erinnerung an den schweren Unfall von Alonsos Ferrari-Teamkollegen Felipe Massa, der 2009 in Ungarn von einer Feder schwer im Gesicht verletzt worden war, lebt.

“Wir sind dazu bereit, unsere Autos bis ans Limit zu bringen, so wie wir es immer tun, und wie es von unseren Teams, Sponsoren und Fans verlangt wird”, gab die GPDA nach der Fahrersitzung am Donnerstagabend auf dem Nürburgring bekannt. Die Pilotenvereinigung schränkte aber gleich im nächsten Satz ein: “Die Fahrer haben sich dazu entschlossen, sich sofort von der Veranstaltung zurückzuziehen, sollten ähnliche Probleme beim Deutschland-Grand-Prix auftreten.”

Schon nach dem Silverstone-Fiasko hatten einige Fahrer laut über einen Boykott nachgedacht, in der Eifel hatte es zuletzt aber nach Entspannung der Situation ausgesehen. Fast alle Piloten äußerten ihr Vertrauen in Pirelli, dass der Hersteller die Probleme in den Griff bekommen werde. Zuletzt hatten 2005 in Indianapolis Probleme mit den Michelin-Reifen für eine GP-Farce gesorgt. Damals waren nur die drei mit Pneus des Konkurrenten Bridgestone ausgerüsteten Teams zum Rennen angetreten.

FIA erlässt neue Reifenrichtlinien

Auf Bitten von Hersteller Pirelli hat der Automobil-Weltverband den Formel-1-Teams vor dem Grand Prix von Deutschland klare Anweisungen im Umgang mit den Reifen erteilt. Die FIA gab am Freitag vor dem ersten Freien Training auf dem Nürburgring die zulässigen Luftdruckwerte bekannt. Zudem wurden der maximale Winkel für den sogenannten Radsturz festgelegt und der Tausch von linken und rechten Hinterrädern strikt untersagt.Nürburgring. Diese Faktoren hatten laut Pirelli-Angaben nach eingehender Fehleranalyse auch zu der Serie von gefährlichen Reifenplatzern beim Rennen vergangenen Sonntag in Silverstone geführt.

Um ihre Sicherheit zu gewährleisten, hat Pirelli bereits überarbeitete Reifen auf den Nürburgring geliefert. Eine Kevlarschicht soll anstelle des bisherigen Stahlbandes ein Überhitzen der Hinterreifen verhindern. Beim übernächsten WM-Lauf Ende Juli in Ungarn sollen sogar komplett neue Pneus zum Einsatz kommen. Diese sollen zuvor ausgerechnet in Silverstone – dem Ort des Reifenfiaskos vergangene Woche – einem Test unterzogen werden.

Pirelli von Boykott-Drohung irritiert

Pirelli zeigte sich am Freitag in der Früh von der Boykott-Drohung der Piloten irritiert, nachdem sich diese zuvor noch zuversichtlich geäußert hatten, dass der italienische Hersteller die Situation in den Griff bekommen werde. “Am Ende des Tages müssen wir einfach sicherstellen, dass wir keine Probleme wie in Silverstone haben. Das ist die Quintessenz”, betonte Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery.

“Das hätten wir nicht tun sollen”

Auch Pirelli habe Fehler gemacht. “Wir haben den Teams in Silverstone erlaubt, dass sie die Hinterreifen vertauschen. Das hätten wir nicht tun sollen”, meinte Hembery. Aufgrund des asymmetrischen Aufbaus der Pneus funktionieren diese links und rechts nicht identisch. Grund für das laut Pirelli für die Reifenplatzer mitverantwortliche Vertauschen der Räder war eine minimale Leistungsverbesserung. (APA; red.)

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