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Pierers Steuermodell unter Experten umstritten

Das Stuermodell von Pierer ist bei Experten umstritten.
Das Stuermodell von Pierer ist bei Experten umstritten. ©APA/ERWIN SCHERIAU
Die SPÖ hatte im Wahlkampf zuletzt skandalisiert, dass KTM-Chef Pierer in den Jahren 2012 und 2013 weniger als 3.000 Euro Einkommenssteuer bezahlt habe. Pierers Steuermodell ist unter Experten umstritten.

Das von KTM-Chef Stefan Pierer gewählte Steuermodell ist unter Experten umstritten. Während die Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Vorgangsweise für zulässig hält, geht der Finanzrechtler Werner Doralt davon aus, dass dies zumindest seit 2016 nicht mehr möglich sein sollte. Er spricht von einem “dubiosen Steuersparmodell” und plädiert im Zweifelsfall für eine weitere Verschärfung des Gesetzes. Die SPÖ hatte zuletzt skandalisiert, dass Pierer in den Jahren 2012 und 2013 weniger als 3.000 Euro Einkommensteuer bezahlt habe. Nach Angaben aus Pierers Büro betrifft das allerdings nur seine (vergleichsweise niedrigen) Einkünfte als Aufsichtsrat. Pierers Bezüge als KTM-Vorstand werden dagegen über die Pierer Konzerngesellschaft mbH abgerechnet. Dafür wird keine Einkommensteuer fällig, sondern die niedrigere Körperschaftsteuer sowie bei Ausschüttung an Pierer Kapitalertragsteuer.

Pierer ist Großspender der ÖVP

Einzelfall ist Pierer aber keiner und dass ausgerechnet er zum Handkuss kam, ist wohl dem Wahlkampf geschuldet, wo der KTM-Chef als Großspender für ÖVP-Chef Sebastian Kurz in Erscheinung trat. Laut Finanzrechtler Doralt war dieses Steuermodell in der Vergangenheit nämlich durchaus üblich und wurde neben Geschäftsführern und Vorständen auch von Schriftstellern, Sportlern und Uni-Professoren genutzt. Von letzteren zur steuerschonenden Abrechnung ihrer Gutachtertätigkeiten. “Das war ein seit vielen Jahren praktiziertes, allerdings immer dubioses Steuersparmodell”, sagt Doralt.

Pierer betreibe Steueroptimierungsmodell

“Es ist ein Steueroptimierungsmodell, wo immer die Frage war, ist es zulässig oder nicht”, sagt auch Sebastian Tratlehner von der Linzer Kelper-Uni. Für die Nutzer ergeben sich mehrere Vorteile: Erstens sparen sie sich Lohnnebenkosten (Kommunalsteuer, FLAF-Beitrag) und – wichtiger – sie können ihr Gehalt steuerschonend ansparen. Im ersten Schritt wird nämlich nur 25 Prozent Körperschaftsteuer bezahlt. Kapitalertragsteuer (27,5 Prozent) wird erst fällig, wenn Geld ausgezahlt wird. “Man kann es steueroptimierend veranlagen bis zu dem Zeitpunkt, wo man es wirklich braucht”, sagt Tratlehner. Für die ausgeschütteten Beträge entspricht der Steuersatz bis zu einer bestimmten Höhe zwar annähernd der Einkommensteuer, aber: “Die Leute, die so etwas machen, brauchen das Geld nicht sofort.”

Rechtslage über Einkommenssteuer 2016 verschärft

Sowohl Doralt als auch Tratlehner verweisen außerdem darauf, dass die Rechtslage 2016 verschärft wurde (§2 Abs. 4a Einkommensteuergesetz). Damit sollten all jene Konstruktionen unterbunden werden, die ausschließlich der Steueroptimierung dienen und die von der Finanz zuvor “schlampig geduldet” (Doralt) wurden. Die steuerschonende Abrechnung von Vorstandsbezügen über eine zwischengeschaltete Firma ist demnach nur noch dann zulässig, wenn diese Firma zusätzlich über einen “eigenständigen, sich von dieser Tätigkeit abhebenden Betrieb verfügt”. Sprich: Reine Geschäftsführungs-Firmen wären laut Gesetz unzulässig.

Experte rechnet mit intensiver Prüfung des Steuerkonstrukts

Im Büro des KTM-Chefs wird allerdings betont, dass seine Firma über den laut Gesetz nötigen “eigenständigen operativen Betrieb” sehr wohl verfügt. Das habe das Bundesfinanzgericht im Dezember 2015 bestätigt. “Diese Struktur entspricht vollinhaltlich der österreichischen Steuergesetzgebung”, heißt es auf APA-Anfrage. Ob das Steuerkonstrukt von der Finanz auch unter der neuen Rechtslage akzeptiert wird, ist aber noch nicht klar, da die Veranlagung für 2016 noch nicht erfolgt ist.

Doralt rechnet jedenfalls mit einer intensiven Prüfung, weil die steuerschonende Abrechnung von Geschäftsführerbezügen über eine Firma durch die Novelle 2016 eigentlich unterbunden werden sollte, wie er sagt. “Man kann der Finanzverwaltung nicht vorwerfen, dass sie diese Dinge auf die leichte Schulter nehmen würde. Immerhin war es ja die Initiative des Finanzministeriums, diesen Konstruktionen den Hahn abzudrehen.” Sollte die Konstruktion trotzdem halten, plädiert Doralt für eine weitere gesetzliche Neuregelung: “Dann muss man das Gesetz nachschärfen.”

Finanzministerium kommentiert Pierer-Fall nicht

Das Finanzministerium will den konkreten Fall des KTM-Chefs nicht beurteilen. Zur allgemeinen Frage, wie dieses Steuermodell mit dem Grundsatz der progressiven Einkommensbesteuerung zusammenpasst, heißt es im Ministerium: “Grundsätzlich steht es jedem frei, seine Verhältnisse im Rahmen des zivilrechtlich Zulässigen zu gestalten. Das Steuerrecht folgt aber einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, kennt eigene Grundsätze für die Einkünftezurechnung und zieht eine absolute Grenze dort, wo Missbrauch vorliegt.”

APA/Red.

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