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Paris - Kleider werden zu Kunstwerken

Wollten vormals London, New York und Mailand das Prädikat „Hauptstadt der Mode“ beanspruchen, so zerstreuen die Pret-a-Porter-Schauen Frühjahr/Sommer 2003 jeden Zweifel.

Paris bleibt an der Spitze der aktuellen Hierarchie. Zwar laufen die Damen-Präsentationen noch bis zum 11. Oktober, in den Punkten Einfallsreichtum und Originalität hat Paris aber bereits jetzt die Nase vorn.

Mädchenhafter Charme besteht hier neben dem poppigen Farb-Überschwang der achtziger Jahre und romantisierten Zeitreisen ins 16. und 18. Jahrhundert. Die Designer unternehmen einen Streifzug durch die Kulturen: Indien, Japan und Mexiko hinterlassen ihre Spuren. Kleider werden zu Kunstwerken, Asymmetrien sind der Standard auf vielen Laufstegen.

Eine der Klammern um alle Schauen heißt Weiblichkeit. Bei Tom Ford ist es die der vierziger Jahre. Betonte Schultern prägen die Spencer, die der Amerikaner für Yves Saint Laurent Rive Gauche entwarf. Die Röcke reichen bis vor das Knie und werden drapiert. Seine wenigen, schmalen Hosen mit erhöhter Taille verlängern optisch das Bein. Steppungen auf Kleidern betonen die Brust, applizierte Hände greifen scheinbar zu. Leder, Seide und Satin bestimmen das Stoffbild. Das große, rote Herz an der Halskette ehrt Yves Saint Laurent, dem dieses Symbol stets ein Glücksbringer war.

Andere Kollektionen gehen surfen. Balenciaga und Louis Vuitton arbeiten Neopren oder ähnliche Materialien in ihre Mode ein. Chanel bringt die passenden Bretter und Segel zum Thema, bedruckt mit dem Doppel-C-Logo des Hauses. Seine Surfer-Blousons kombiniert Karl Lagerfeld, der Designer Chanels, über Chiffon im Blütendesign oder zu Hosen mit Rüschen an der Seitennaht. Micro-Minis und Jeans mit weiten, extrem ausgestellten Beinen prägen die Show am Dienstag. An Kettengürteln baumeln Silbermünzen oder Plaketten mit Coco Chanels Konterfei und gekreuzten Piraten-Knochen. Für den Abend treffen sich Schwarz und Apricot.

Sport plus Uniform plus Eleganz heißt die Formel beim Italiener Valentino. Safari-Farben, Farn und Blatt-Drucke federn Uniform-Elemente in eine weniger martialische Kolonial-Richtung ab. Jogginghosen verlieren neben bestickten T-Shirts ihre Athletik. Kreisrunde, mit Ringen umfasste Aussparungen brechen die Schlichtheit der weißen Outfits und werden funktional genutzt: um Drapierungen zu fixieren oder Gurte zu befestigen.

Modenschauen in Paris haben dieser Tage nichts mit der nüchternen Stimmung etwa Mailänder Defilees gemein. Sie sprudeln vor Lebensfreude. Bei Viktor & Rolf tanzte der ganze Saal, die Models von Sonia Rykiel johlten bereits vor Beginn der Show und Vivienne Westwood rockte zu den Klängen von „Highway to hell“ über den Laufsteg.

Patchwork bestimmt die Kollektion der Engländerin, in der sie mit Kontrasten jongliert. Ihre teils ausufernden Formen bändigt Westwood mit Gurten. Der Wucht stellt sie ganz auf Körper geschnittene Kleider gegenüber, deren seitlich eingesetzte Streifen den Körper zusätzlich modulieren. Gold bricht in die Phalanx der verwaschenen Farben ein.

Sonia Rykiels Defilee schließlich endet in einer Parade aus gestrickten und gestreiften BHs mit Dreiecks-Körbchen zu identischen Röcken, die in schwarzem Satin auslaufen. Ein „Oh la la“ verdienen sich auch die bauchfreien, schmalen T-Shirts mit Emblem-Stickerei oder die goldenen, mit Schleifenband geschlossenen Minikleider. Der Gegenpol zum sexy Pariser Chic: Pullover und Kleider in überweit geschnittenen Formen.

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