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ORF nimmt Problemzonen in Angriff

Der ORF nimmt sich intensiv der „Problemzonen“ seiner Fernseh-Programmreform an: in erster Linie der Eiterbeule "Mitten im Achten"

Die tägliche Vorabendserie „Mitten im Achten“ wird adaptiert, soll dabei „soapiger“ werden, neue Köpfe erhalten, weniger derb daher kommen und über den Sommer – ohne Wiederholungen – ganz normal weiterlaufen. Das im Anschluss an „MiA“ programmierte Magazin „szene“ bekommt ab Montag einen Relaunch, und die Serie „Julia“ läuft im Juni aus und wird durch das neue Servicemagazin „Sommergarten“ ersetzt. Dies gab die ORF-Geschäftsführung am Samstag bei der Klausur des ORF-Stiftungsrats bekannt.

Die Zukunft von „Mitten im Achten“ wird sich Ende September entscheiden. Steigt das Zuseherinteresse bis dahin nicht deutlich an, droht das Aus. Vor Journalisten ließ ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz mit der Aussage aufhorchen, dass von verschiedenen Produzenten „bereits acht Alternativkonzepte“ an den ORF herangetragen worden seien. Zunächst wird aber einmal an einer Verbesserung der Serie gearbeitet. Programmdirektor Wolfgang Lorenz versprach eine „bessere, gesamtösterreichisch verträglichere Sprachkultur, eine bessere Performance bei den Storys – bessere Geschichten besser erzählt – und klarere Rollenprofile“. Dass „Mitten im Achten“ ein „Konsensprodukt ohne Ecken und Kanten“ wird, glaubt Lorenz aber nicht.

Das Magazin „szene“ erhält ab Montag einen Relaunch und soll in der Themengewichtung breiter werden. Auch „Vera exklusiv“ muss sich laut Lorenz „erst im Slot einrichten“. Den Vorabend in ORF 2 wollen die Programmmacher mit dem neuen Servicemagazin „Sommergarten“ stabilisieren, das während der Sommermonate laufen und von Elisabeth Engstler moderiert werden soll. Ob dem „Sommergarten“ im Herbst ein „Wintergarten“ folgt, ist noch unklar. Diskussionen gab es bei der Klausur auch über das „Extrazimmer“, das der Programmdirektor „im Gelingen“ sieht. Hier entzündete sich die Debatte vor allem an der Frage, ob im „Extrazimmer“ geraucht und getrunken werden darf. Wrabetz verwies dabei auf die Programmhoheit der Direktoren, schloss für die Zukunft eine Weisung, die Rauchen und Trinken im „Extrazimmer“ verbietet, aber nicht gänzlich aus – „vielleicht“.

„Noch nicht richtig auf Schienen“ sieht Informationsdirektor Elmar Oberhauser das junge Infomagazin „Wie bitte?“. „Man soll und muss der sehr engagierten und jungen Redaktion Zeit geben, die Sendung zu positionieren“, so Oberhauser. Rückendeckung gab es auch von Wrabetz:
„Wir wollen hier ein junges, betont öffentlich-rechtliches Informationsmagazin machen und kein breites Boulevardformat.“

Die ORF-Führung betonte bei ihrer Analyse aber auch, dass der Großteil der neuen Sendegefäße gelungen sei. Wrabetz und Oberhauser verwiesen etwa auf die Fernsehinformation auf ORF 1, und den gelungenen Relaunch der „Zeit im Bild“, die die Position des ORF-Flaggschiffes verteidigen konnte. Eine etwaige Wiedereinführung der ZiB-Durchschaltung war unter Stiftungsräten denn auch kein Thema. „Wir haben grosso modo unsere Ziele erreicht, natürlich gibt es aber auch Problemzonen“, fasste der ORF-Chef die Entwicklung zusammen. Beim Tagesmarktanteil sei man mit zuletzt 37,9 Prozent jedenfalls noch nicht dort, wo man hinwolle.

Von den Marktanteilsverlusten des ORF – 3,4 Prozentpunkte im April – profitierten vor allem kleine Sender, die mit der Digitalisierung im Zunehmen sind. Wrabetz sprach von einem „Zwergenaufstand der kleinen Sender“. Unter den etablierten Privatsendern konnte einzig ProSieben mit dem Format ’Germany’s next Topmodel’ gegen den ORF punkten. Überraschend auch die Analyse, dass der ORF den Großteil seiner Marktanteile nicht im heiß diskutierten Vorabend – hier beträgt der Rückgang lediglich 0,5 Prozentpunkte – verloren hat, sondern im Haupt- und Spätabend – „in Zeitzonen, wo wir bewusst Anspruchsvolles besser positioniert haben“. Als Beispiel führte Wrabetz dabei die „desaströsen Quoten“ der Übertragung der Wiener Festwochen-Eröffnung (elf Prozent Marktanteil) an.

Großteils zufrieden zeigten sich die Stiftungsräte. Vorsitzender Pekarek sprach von einer „sachlichen Diskussion“ ohne „Lagerdenken“. Bis Herbst sei nun Zeit für Nachjustierungen. Beim Tagesmarktanteil sowie beim Marktanteil in der Zeitzone 19.00 bis 20.15 Uhr sei man jedenfalls von der Zielerreichung noch entfernt. Etwaige notwendige Reformen im Programmschema könnten in der Oktober-Sitzung des Stiftungsrats beschlossen werden. “80 Prozent der 30 neuen Formate funktionieren, bei den anderen ist etwas zu machen. Ich sehe keinen Misserfolg“, erklärte SPÖ-Freundeskreisleiter Karl Krammer. Ähnlich BZÖ-Stiftungsrätin Huberta Gheneff-Fürst: „Die Reform hat mit Ausnahme einiger Schwachpunkte die Ziele erreicht. Die Schwächen wurden analysiert, jetzt wird weiter gearbeitet.“ Kritik kam vom ÖVP-Freundeskreisleiter Franz Medwenitsch. Als „Sachdiskussion mit PR-Elementen des ORF“ bezeichnete er die Zwischenbilanz der ORF-Führung. Der ORF müsse sich jedenfalls verbessern, so Medwenitsch.

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