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Operation "Luxor": Schlag gegen Muslimbrüder und Hamas

Innenminister Nehammer bezeichnete die Muslimbruderschaft als große Gefahr.
Innenminister Nehammer bezeichnete die Muslimbruderschaft als große Gefahr. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Bei der Operation "Luxor" - ehemals "Ramses" - gelang der Exekutive in Österreich ein empflindlicher Schlag gegen die Muslimbrüder und die Hamas. Mehr als 60 Hausdurchsuchungen wurden durchgeführt.
60 Wohnungen der Muslimbruderschaft durchsucht

930 Polizisten sind Montagfrüh zu einer Großrazzia gegen die Muslimbruderschaft und gegen die Hamas in Österreich angetreten. Wie Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) in einer Pressekonferenz sagte, wurden im Rahmen der nunmehr "Luxor" genannten Operation mehr als 60 Hausdurchsuchungen in vier Bundesländern - Kärnten, Steiermark, Niederösterreich und Wien - durchgeführt. Dabei standen Wohnungen, Wohnhäuser, Geschäfts- und Vereinslokale im Visier der Ermittler.

Aus "Ramses" wurde "Luxor"

30 Verdächtige wurden zur sofortigen Einvernahme gebeten. Federführend war laut Nehammer das Landesamt für Verfassungsschutz der Steiermark gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Graz. Der Innenminister nannte die Muslimbruderschaft "zutiefst gefährlich". Sie versuche, die Demokratie auszuhebeln, "die Scharia einzuführen, die Grund- und Freiheitsrechte, die uns lieb und teuer geworden sind, zu bekämpfen". Es geht demnach unter anderem um den Verdacht der Terrorfinanzierung, der Bildung einer terroristischen bzw. kriminellen Vereinigung und der Geldwäsche.

Die geplante Aktion war bereits in der Vorwoche bekannt geworden. Sie trug zunächst den Namen Operation "Ramses".

Muslimbrüder in Österreich offiziell nicht vertreten

Die Muslimbruderschaft, in deren angeblichen Einrichtungen Montagfrüh Razzien durchgeführt worden sind, gibt es in Österreich nicht offiziell. Dennoch soll die islamistische Bewegung durch andere Vereine vernetzt sein, warnte eine umstrittene Studie der George Washington Universität vor drei Jahren. Vonseiten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) wusste man auf APA-Anfrage vorerst nichts von Durchsuchungen in von ihr unterstellten Einrichtungen.

Erstellt hatte die Studie Lorenzo Vidino, Direktor des Program on Extremism der George Washington Universität, in Zusammenarbeit mit der Uni Wien, dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sowie dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF). Er warnte in seinem Report, dass der Organisation nahestehende Personen und Organisationen Schlüsselpositionen für das Leben von muslimischen Zuwandern in Österreich einnehmen würden. Diese verfügten über "beträchtliche Verbindungen und Einfluss".

Verbindungen der Muslimbruderschaft und IGGÖ?

"Aufgrund ihrer starken Vernetzung und professionellen Struktur, sind Anhänger der Ideologie der Muslimbruderschaft bzw. ihr nahestehende Organisationen in den vergangenen Jahrzehnten vermehrt zu Ansprechpartnern für westliche Eliten innerhalb der muslimischen Community geworden", erklärte Studienautor Vidino, der sich mit den Aktivitäten muslimbrudernaher Organisationen im Westen sowie mit Mobilisierungsdynamiken dschihadistischer Netzwerke beschäftigt.

Laut Vidino haben der Muslimbruderschaft nahestehende Personen und Organisationen Schlüsselpositionen für das Leben von muslimischen Zuwandern in Österreich übernommen. So stehe etwa die IRPA - sie ist für die Ausbildung von islamischen Religionslehrern verantwortlich und gehört zur Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) - aufgrund verschiedener Verbindungen zur Muslimbruderschaft "zweifellos unter deren Einfluss", hieß es. Kritik an der Behauptung kam umgehend von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ).

Auch Muslimische Jugend und SPÖ bestritten Verbindungen

"Die Mehrheit der in Österreich lebenden Muslime ist weder an Muslimbrüdern noch an sonstigen Vereinigungen interessiert bzw. werden durch diese vertreten", hieß es damals vonseiten der IGGÖ. Auch die in der Studie erwähnte Muslimische Jugend (MJÖ) wehrte sich und leiß sich bereits mehrmals gerichtlich bestätigen, keine Verbindungen mit islamistischen Extremisten zu unterhalten. Und auch die SPÖ bestritt angebliche Querverbindungen zwischen der Partei und der Muslimbruderschaft.

Offizielle Österreich-Ableger der Muslimbruderschaft gibt es zwar nicht. Europäische Organisationen, die der Muslimbruderschaft nahestehen, finden aber in der "Föderation der Islamischen Organisationen in Europa" (FIOE) mit Sitz in Brüssel ihren Dachverband.

Expertin: Teile "extrem radikal"

Die Muslimbruderschaft, in deren angeblichen Einrichtungen Montagfrüh Razzien durchgeführt worden sind, ist nach Ansicht der Journalistin und Nahost-Expertin Petra Ramsauer in Teilen "klipp und klar" als Terrororganisation einzustufen. Zwar könnten Bereiche der Organisation dem moderaten Spektrum zugerechnet werden, andere Teile seien aber wiederum "extrem radikal", sagte Ramsauer am Montag im Ö1-Mittagsjournal.

Die Bedrohung sei der Organisation "vorgelagert". Durch die Aktivitäten der Muslimbruderschaft werde "radikal-islamisches Gedankengut verbreitet", im Sinne von "den islamischen Staat zu kreieren als das endgültige Ziel", so Ramsauer. Zwar trenne die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) und die Muslimbruderschaft "immer noch Welten", die globale Tätigkeit der Muslimbrüder habe in gewisser Weise aber auch "den Boden aufbereitet".

Ramsauer betonte, dass es sich bei der Muslimbruderschaft nicht um eine Massenbewegung handle, sondern als "elitäre" Bewegung, oft in der reichen Diaspora angesiedelt. Der wesentliche Teil des Netzwerkes befinde sich in Katar.

Keine Waffen, aber viel Geld gefunden

Nach Abschluss der Hausdurchsuchungen gab die Staatsanwaltschaft Graz auf Nachfrage bekannt, dass mehrere Konten der betroffenen Vereine und verdächtigen Personen eingefroren wurden. "Beträchtliche Geldbeträge" seien sichergestellt worden - ebenso wie Liegenschaftsvermögen. Waffen oder Sprengstoff seien nicht gefunden worden. Festnahmen wurden auch nach den Vernehmungen nicht ausgesprochen, hieß es Montagnachmittag.

Islamische Glaubensgemeinschaft nicht informiert

Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) weißt nicht, ob Einrichtungen der IGGÖ Ziel der Untersuchungen die Muslimbrüder betreffend sind. "Wir kennen lediglich die Medienberichte und können zu laufenden Ermittlungen und Einvernahmen erst dann etwas sagen, wenn uns die Behörden Evidenz geliefert haben", so Präsident Ümit Vural in einer ersten Reaktion.

In einer Aussendung wird auf Berichte verwiesen, wonach auch Moscheegemeinden der Glaubensgemeinschaft Ziel der Razzien gewesen sein. Eine Bestätigung seitens der zuständigen Stellen sei aber ausstehend: "Auch darüber, ob die Vorwürfe rein finanztechnischer Natur sind oder darüber hinaus gehen, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt unklar."

Die Behörden seien jetzt am Zug, schreibt Vural: "Wir brauchen Beweise und Evidenz, um unserer Verantwortung als Religionsgesellschaft nachkommen zu können."

(APA/red)

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