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Online-Welt macht Wien zu Vienna Cool

©© APA
Wer sein zweites Leben lieber näher bei seinem echten Zuhause starten will und die Welt lieber bunt und poppig als realistisch mag, könnte sich in einer in Österreich entstandenen Online-Welt gut aufgehoben fühlen:

In einem alten aufgelassenen Kino in Wien-Hütteldorf ist „Papermint“ entwickelt worden, das ähnlich wie „Second Life“ das soziale Miteinander online bringen will – und doch ganz anders ist. Ab Samstag (3. 2. ) bis zum 25. 2. wird das derzeit in der letzten Testphase befindliche „Papermint“ bei der Ausstellung „Digitaler Flügelschlag“ im Quartier 21 des MuseumsQuartiers präsentiert, im März startet dann die österreichische Onlinewelt offiziell.

Das zweite Leben in „Papermint“ fristet man als Scherenschnitt:
Süße, bunte und zweidimensionale Comic-Figuren, die hin und wieder vom Wind ordentlich durcheinander gewirbelt werden, hüpfen und stolpern durch eine Welt, die an farbenfrohe japanische Computerspiele erinnert und bekannte Orte aufweist: Das „Flex“ ist auf dem ersten entstandenen Weltteil „Vienna Cool“ ebenso zu finden wie das MuseumsQuartier und die Lokalmeile „Bermudadreieck“. Demnächst kommen weitere Teile von Österreich wie Tirol und Themeninseln u.a. zu Sport dazu, schilderte der Geschäftsführer der Wiener Softwarefirma „Avaloop“, Martin Sirlinger, im Gespräch mit der APA. Wer sich für „Papermint“ interessiert, kann es seit heute, Donnerstag, spielen – allerdings muss man sich auf der Website als Tester anmelden, denn derzeit läuft noch eine Testversion, bei der es zu Fehlern kommen kann.

Elf junge Programmierer und Designer entwickeln in WG-Atmosphäre die Online-Welt – eigenfinanziert, wie Sirlinger betont. „Das ist in Österreich eine große Herausforderung“, es gibt „kein Berufsbild ’Gamer’, keinen Gewerbeschein für Spieleprogrammierer“. 300.000 Euro an Eigenkapital habe man bisher hineingesteckt, die Wiener Fördergesellschaft „departure“ hat Geld beigesteuert und der WAFF zwei Arbeitskräfte finanziert. Für derartige Finanzierungen gebe es in Österreich – im Gegensatz etwa zum Film – keine etablierten Strukturen, betont Sirlinger. Nicht nur bei der Entwicklungs-Finanzierung, auch bei den angestrebten Einnahmequellen gehen die „Papermint“-Macher in Österreich neue Wege. So soll Geld durch Werbung im Spiel eingenommen werden, ein großer Softdrink-Hersteller ist als erster Partner gewonnen worden.

„Papermint“ richtet sich an Leute zwischen 20 und 50, die gerne online, aber in Online-Spielen nicht sehr geübt sind – bzw. dies zum ersten Mal ausprobieren wollen. Die Welt ist zwar dreidimensional gestaltet, durch verschiedene Vereinfachungen jedoch auch für ungeübte Computernutzer weit leichter zu benutzen. Und die Spielziele sind auch für diejenigen klar, die weniger Zeit mit dem Basteln von Gegenständen oder Geldverdienen verbringen wollen, als es in „Second Life“ notwendig ist.

In „Papermint“ soll vieles von dem möglich sein, was im echten Leben das soziale Gefüge zusammenhält: Einfach nur Freunde treffen zum Quatschen, sich eine von 25 Stimmungen aussuchen, kleine Games spielen, sich eine Wohnung einrichten oder neues Gewand kaufen. Um den eigenen Charakter am Leben zu erhalten, müssen Minz-Pflänzchen gesammelt werden.

Das soziale Zusammenleben wird in „Papermint“ groß geschrieben:
Jeder kann sich Freunde, beste Freunde und Ehepartner suchen und – nur mit dem oder der Angetrauten – auch Kinder zeugen. Doch die Ehevorschriften sind liberaler als in der echten Welt: Auch zwei Männer oder zwei Frauen können ein Kind bekommen. Dazu gibt es ein Kindermachspiel – das jedoch (im Gegensatz zu den expliziten Sexszenen in Second Life) gänzlich unpornografisch ist, wie Kreativ-Direktor und „Papermint“-Ideengeber Lev Ledit versichert: In einem Charaktertest müssen möglichst viele Übereinstimmungen gefunden werden, damit der Charakter schwanger wird.

Kleine Symbole, die über der Figur schweben, sind so etwas wie die hinterlassenen Charakterspuren: Diese werden von den häufigsten Stimmungen ebenso beeinflusst wie von der Auswahl zwischen verschiedenen Interessen, die der Spieler vornehmen kann. Wer allzu oft mit einem griesgrämigen Gesicht herumläuft, dem sieht man das auch dann an, wenn er plötzlich fröhlich ist. Und kleine Symbole zeigen, worauf der Gesprächspartner aus ist: Sex, Liebe oder intellektuellen Austausch etwa.

Designerin Babsi Lippe war in Japan bei einer Firma tätig, die Spielcharaktere u. a. für den Spielemacher Nintendo entwickelt hat. Der japanische Touch des Spieles passe zur „Ent-Disneyfizierung“, die heutige Jugendliche mit ihrem wachsenden Interesse an Mangas und japanischer Popkultur vollziehen, sagt sie zur APA.

Das Spiel selbst ist gratis, sich selber darzustellen – etwa über kreatives Gewand oder eine schick eingerichtete Wohnung – kostet jedoch „Papiermünzen“, die man mit echten Euro erwerben kann. Dabei wollen die Designer den Spielern keine großen Summen entlocken, die witzige Gestaltung des eigenen Charakters und andere kostenpflichtige Elemente sollen etwa in der Größenordnung von einer Kinokarte pro Monat kosten, schilderte Sirlinger. Bis Ende des Jahres soll „Papermint“ in Österreich und einem weiteren Land, voraussichtlich Deutschland, gestartet sein und 24.000 regelmäßige Benutzer haben.

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