Das Anschauen von "Old" wird Ihr Leben um etwa vier Jahre verkürzen - oder knapp zwei Stunden, je nachdem in welchem Zeitdilemma Sie sich gerade befinden. In seinem neuen Film schickt Horrorregisseur M. Night Shyamalan ein paar Urlauber an einen Strand, der sie rapide älter werden lässt. Ein aufgepeppter B-Movie, der nicht gerade zum Strandurlaub einlädt. Eine gute Besetzung hilft auch. Ab Donnerstag im Kino.
Old - Kurzinhalt zum Film
"Hör auf, diesen Moment wegzuwünschen", sagt die Mutter (Luxemburgs Shootingstar Vicky Krieps) zu ihrem Sohn, "du bist so jung". Sie ist auf Urlaub in einem tropischen Luxusressort mit ihrem Ehemann (Gael García Bernal) und ihren beiden Kindern, die sechs und elf Jahre alt sind. Die Familie ist gerade auf dem Weg zu einem abgelegenen Strand, "für ganz spezielle Gäste", darunter auch ein Arzt (Rufus Sewell), seine junge Frau (Abbey Lee), ihre kleine Tochter und seine Mutter (Kathleen Chalfant). Dann gibt es noch eine Psychologin (Nikki Amuka-Bird) und ihren Ehemann (Ken Leung) sowie einen stillen Rapper (Aaron Pierre), der verloren am Strand hockt, noch bevor alle eintreffen.
Die geheime Bucht ist tatsächlich wunderschön, aber das verlassene, malerische Sandstrände, kein gutes Omen sind, das wissen wir spätestens seit Leonardo DiCaprio vor mehr als 20 Jahren in "The Beach" nach seinem Glück gesucht hat. Entspannen in der Sonne und Herumtollen im Wasser wird schnell zum Horror, als eine Leiche im Meer vorbeischwebt. Sehr schnell bemerkt einer aus der Gruppe: "Da ist was los mit der Zeit an diesem Strand!"
Old - Die Kritik
Im Grunde ist es ein ziemlich geraffter Coming-of-Age-Film. Jeder wird hier alle 30 Minuten ein Jahr älter werden, und sie werden jedes Mal ohnmächtig, wenn sie versuchen, den Strand zu verlassen. Die Kinder werden innerhalb weniger Stunden zu Teenagern (und jetzt von Thomasin McKenzie, Alex Wolff und Eliza Scanlen gespielt) und haben dementsprechend mit Hormonen zu kämpfen.
Im Laufe des Tages werden die Urlauber immer älter und verzweifelter, und wir erleben mit, wie ein Mädchen in einer halben Stunde eine komplette Schwangerschaft durchmacht, oder eine junge Frau mit schöner Haut, einen kompletten Nervenzusammenbruch erleidet, wenn sie im Spiegel plötzlich ihre Krähenfüße und ihren Buckel sieht. Es ist gruselig, aber zum Teil auch sehr komisch, was durchaus beabsichtigt ist.
Eine Geschichte darüber, wie die Zeit uns alles wegnimmt, unsere Sinne, Erfahrungen, und unseren Verstand, hat etwas Faszinierendes. Aber eine faszinierende Idee (entlehnt von der Graphic Novel "Sandcastle" von Pierre Oscar Lévy und Frederik Peeters aus 2010) allein macht noch keinen großartigen Film. M. Night Shyamalan, der "Old" auch geschrieben hat, nimmt sich nicht wirklich die Zeit, sich mit diesen Themen oder den Menschen auseinanderzusetzen. Es gibt einen Moment, in dem die Tochter des Arztes über die verlorene Zeit in ihrem jungen, kurzen Leben spricht - den Highschoolabschlussball, den es nie gab, die Jahre, die ihr durch einen Urlaub geraubt wurden. Davon hätte es mehr gebraucht.
Shyamalan hat ein gutes Auge als Regisseur, er war aber noch nie der beste Drehbuchautor. Jede Figur beschreibt immer das, was gerade passiert ("Unsere Zellen altern hier sehr schnell!"), und zwar auf eine Weise, die dem überqualifizierten Ensemble wirklich keine Ehre macht. Zwar gibt es die klassischen Shyamalan-Wendungen, die ein bekanntes Markenzeichen seiner früheren Hits wie "The Sixth Sense" und "Unbreakable" waren.
Die letztendliche Enthüllung dessen, was mit den Urlaubern passiert, ist aber keine Überraschung, und die Auflösung am Schluss ist mehr als ein bisschen verrückt. Es fühlt sich so an, als ob sie einem anderen Film entstammte, der sich mit ganz anderen Ideen beschäftigt. Vielleicht, weil Shyamalan das Ende der Comicbuch-Vorlage angedichtet hat. Aber irgendwie muss man ihn für seine Chuzpe auch bewundern. Nach einem halben Jahrzehnt voller Flops ("The Happening", um nur einen zu nennen) hat sich der Filmemacher, der einst als "der nächste Spielberg" gehyped wurde, als Schöpfer gehobener B-Movies wie "Split" neu erfunden. Er weiß, dass das Schlimmste, was ein Film sein kann, langweilig ist, und das ist "Old" nie.
(APA/Red)