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"Ohne meine Frau Lisi hätte ich das alles nie geschafft"

Hinter der Dogana-Theke in Feldkirch, hat Lothar Gallaun mehr als sein halbes Leben verbracht.
Hinter der Dogana-Theke in Feldkirch, hat Lothar Gallaun mehr als sein halbes Leben verbracht. ©Sams
Tausendsassa Lothar Gallaun (65) hat zwar das Dogana bereits an seinen Sohn übergeben, an Ausruhen ist aber noch lange nicht zu denken. Mit W&W sprach er über wilde Zeiten, lang gehegte Träume und wie wichtig es ist, loslassen zu können.

Von: Saskia Heel (WANN & WO)

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WANN & WO: 37 Jahre Dogana-Wirt, Obmann der Frastanzer-Brauereigenossenschaft, zehn Jahre als Graf der Feldkircher Spältabürger. Welche Bedeutung hat die Montfortstadt für dich?

Lothar Gallaun: Feldkirch bedeutet mir alles. Es ist für mich einfach Heimat. Hier lebt meine Familie, hier leben meine Freunde und dafür gibt es für mich keine Alternative.

WANN & WO: Die Familie spielt in deinem Leben eine große Rolle. Wie war deine eigene Kindheit?

Lothar Gallaun: Ich bin als Ältester von drei Kindern mit meinen Eltern auf einer Hühnerfarm aufgewachsen. Wir hatten eine tolle Kindheit.

WANN & WO: Die Hühnerfarm hat von klein auf dein Leben bestimmt. Wie bist du dann zur Gastronomie gekommen?

Lothar Gallaun: Da ich der älteste Sohn war, hatte ich quasi keinen Tag frei und musste immer auf dem Hof mithelfen. Die Hühner hatten ja jeden Tag Hunger und Durst und irgendwann hätte ich sie am liebsten in der Luft zerrissen. Mittlerweile könnte ich natürlich keinem mehr etwas zu Leide tun (lacht). Irgendwann kam mein Vater dann auf die Idee das „Glucki“ in Feldkirch zu eröffnen und die Hühner dort gegrillt zu verkaufen und so bin ich quasi in die Gastronomie geschlittert. Dann hat eines das andere ergeben und ich habe in der Gastronomie meinen Traumberuf gefunden.

WANN & WO: Wie seid ihr dann damals zum Dogana gekommen?

Lothar Gallaun: 1979 stand das Dogana zum Verkauf. Meine Eltern haben nicht lange gezögert und so konnten mein jüngerer Bruder Berni und ich dann den Gasthof übernehmen.

WANN & WO: Das Dogana feiert noch diesen Monat sein 40-jähriges Bestehen. Ich nehme an, du hast hier einiges erlebt. An was erinnerst du dich besonders gerne zurück?

Lothar Gallaun: Der Klientel des Feldkircher Straßenstrichs hat uns in den Anfängen schon Probleme bereitet. Ich wurde zu Beginn auch immer wieder mit den Worten „Der Neue hat eh keine Ahnung“ abgestempelt. Es waren wilde Zeiten damals. Da hat es auch das ein oder andere Mal gekracht. 1984 haben wir durchgegriffen. Es gab nur noch kleine Bier zu trinken und so hat sich auch das Klientel im Dogana geändert.
Woran ich mich natürlich noch besonders erinnere, ist das Feuer, das im Jahr 2000 das ganze Gasthaus niederbrannte. Als mir klar wurde, dass ich gerade vor den Trümmern unserer Existenz stehe, habe ich nur noch geweint. Aber es ging weiter. Wir haben das Dogana wieder aufgebaut und das sogar noch schöner, wie ich finde.

WANN & WO: Kleine Bier – „s’klenne“. Du bist auch in der Brauerei Frastanzer, die mittlerweile als Genossenschaft von über 1000 Mitgleidern getragen wird, sehr aktiv. Wie kam es dazu?

Lothar Gallaun: Am Anfang waren wir Wirte in Feldkirch dazu verpflichtet Frastanzer Bier auszuschenken. Ich habe mich dann mit der Brauerei mehr auseinandergesetzt und bin nach Jahren zum Obmann der Genossenschaft geworden. Seit neun Jahren darf ich diesen Titel tragen und wenn ich beim Bockbierfest auf der Bühne stehe und sehe, wie viele Leute hinter der Brauerei stehen und wie sie zu einem Lebensgefühl geworden ist, erfüllt mich das mit großem Stolz.

WANN & WO: Neben diesen beiden großen Tätigkeitsbereichen, warst du zudem noch zehn Jahre lang als Graf der Feldkircher Spältabürger aktiv und vierfacher Familienvater. Wie hast du das alles unter einen Hut gebracht?

Lothar Gallaun: Ich bin einfach keiner, der gerne still sitzt. Wenn ich unter Menschen bin, fühle ich mich am wohlsten und das ist bis heute so geblieben. Aber ohne die Unterstützung meiner wunderbaren Frau Lisi, die sich all die Jahre zu Hause um unsere Kinder gekümmert hat und mir den Rücken freigehalten hat, hätte ich das nie geschafft. Mir war immer wichtig, dass unsere Kinder wissen, sie können immer zu uns kommen und auch ihre Freunde sind bei uns immer willkommen. Es gab Zeiten, da konnte man die Schuhe im Flur gar nicht mehr zuordnen (lacht).

WANN & WO: Deine Kinder sind mittlerweile alle erwachsen und du bist im vergangenen Jahr auch Opa geworden. Wie pflegst du den Kontakt zu deinen Kindern?

Lothar Gallaun: Meine vier Kinder sind alle selbstständig und haben ihren Weg gefunden. Mein ältester Sohn Michael hat im Jahr 2016 das Dogana übernommen und führt es seither weiter. Ich habe ihn nie dazu gedrängt, aber natürlich bin ich stolz, dass das Gasthaus in Familienbesitz geblieben ist und nicht verkauft werden musste. Damit wir alle uns nicht aus den Augen verlieren, ist am Sonntag immer „Pizza-Tag“. Da kommen alle Kinder mit ihren Partnern vorbei und es wird gemeinsam gegessen und gelacht.

WANN & WO: Du wirkst nach außen immer gut gelaunt. Gab es für dich auch einmal Zeiten, wo du nicht so lachen konntest?

Lothar Gallaun: Ja, natürlich ist nicht immer alles nur eitel wonne Sonnenschein. Auch nicht bei mir. Wie das so ist, wenn man Zeit hat, wird man krank. Als ich 2016 in den Ruhestand ging, hat es auch mich erwischt. Ich hatte Probleme mit meiner Herzklappe und habe viel Zeit in Krankenhäuser verbracht und währenddessen auch viel nachgedacht.

WANN & WO: Hat sich dadurch dein Blick aufs Leben geändert?

Lothar Gallaun: Natürlich. Man lernt die Zeit, die man hat, ganz anders zu schätzen. Ich genieße es auch besonders, Zeit mit meinem Enkelkind zu verbringen. Es ist quasi das erste Kind, das ich aufwachsen sehe, denn bei meinen eigenen war ich ja so gut wie nie zu Hause. Auch meiner Frau versuche ich jetzt all das zurück zu geben, was ich ihr während meiner beruflichen Laufbahn nicht geben konnte, weil ich sechs Tage die Woche eigentlich nur gearbeitet und geschlafen habe.

WANN & WO: Nimmst du dir auch manchmal ganz bewusst Zeit nur für dich?

Lothar Gallaun: Das würde ich gerne, aber das fällt mir unglaublich schwer. Mich einfach einmal hinzusetzten und die Umgebung zu genießen, muss ich wohl noch lernen. Immer wenn ich zum Beispiel ins Dogana komme, sehe ich Dinge, bei denen ich helfen könnte. Aber da muss ich mich zurück nehmen und mir immer wieder sagen: „Es ist schon gut so, wie es jetzt ist.“

WANN & WO: Gibt es Wünsche, die du dir gerne schon immer erfüllen wolltest, aber nie die Zeit dazu hattest? Wenn ja, was für welche?

Lothar Gallaun: Die gibt es allerdings. Eines meiner größten Hobbys ist das Segeln. Und wie jeder Segler träume ich davon, eines Tages den Atlantik zu überqueren. Mein bester Freund und ich haben da schon Pläne geschmiedet. Unsere Frauen würden dann in der Karibik auf uns warten und mit uns das Leben dort genießen. Ich hoffe, dieser Traum geht eines Tages in Erfüllung.

WANN & WO: Kommen wir noch einmal zurück zu den Hühnern, die haben quasi dein ganzes Leben geprägt und sind mittlerweile sogar zu einer Art Familien-Logo geworden. Deine Kinder haben sogar ein Hühner-Tatto. Selbst schon einmal überlegt, dir ein Huhn stechen zu lassen?

Lothar Gallaun: Ja das sind halt einfach meine Kinder. Damals, als sie mit dieser Idee kamen, war ich ein Tattoo-Gegner. In der Zwischenzeit hat sich meine Meinung dazu geändert. Würden sich mich heute noch einmal fragen, wäre ich wahrscheinlich so verrückt und würde sagen: „Ja ich mach’s!“ (lacht)

Zur Person

  • Name: Lothar Gallaun
  • Geboren: 29. Oktober 1953
  • Familienstand: Verheiratet mit Lisi, vier erwachsene Kinder und ein Enkelkind
  • Hobbys: Fasching, Segeln, Männerstammtisch

Wordrap

  • Drei Schwestern: Brauerei.
  • Lisi: Schätzle.
  • Fasching: Anstrengend.
  • Dogana: Heimat.
  • Huhn: Das Ei.

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