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Österreich droht in Ungarn-Krisensog zu geraten

Das klamme Ungarn gerät an den Märkten immer stärker unter Druck.
Das klamme Ungarn gerät an den Märkten immer stärker unter Druck. ©APA
Österreich bekommt als stark in Ungarn engagiertes Land die Nöte des Nachbarn mittlerweile hautnah zu spüren. Die Kredit-Ausfallversicherungen für österreichische Schuldtitel stiegen auf den höchsten Stand seit Ende November. Dahinter steckt die Furcht, dass auch die heimischen Banken von der Ungarnkrise in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Die Renditen für zweijährige österreichische Staatsanleihen schossen heute um 10,7 Prozent in die Höhe, sind aber mit 1,533 Prozent auf insgesamt niedrigem Niveau.

Die Zinsen für zehnjährige österreichische Staatspapiere liegen derzeit bei 3,316 Prozent. Zum Vergleich: Deutsche Papiere notierten am Donnerstagnachmittag bei 1,870 Prozent. Am kommenden Dienstag will die Republik Österreich via der Bundesfinanzierungsagentur (Öbfa) rund 1,3 Mrd. Euro am Kapitalmarkt aufnehmen. Emittiert werden Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 4 und 10 Jahren.

Ungarn immer stärker unter Druck

Das klamme Ungarn gerät an den Märkten immer stärker unter Druck und setzt trotz eines Konflikts mit EU und IWF auf rasche Milliardenspritzen. Der Chefunterhändler für die Gespräche mit den potenziellen Geldgebern, Tamas Fellegi, sagte am Donnerstag, sein Land wisse um den Ernst der Lage. Er wolle “so rasch wie möglich” eine Übereinkunft. Für Ungarn drängt die Zeit, da sich die Talfahrt der Landeswährung rasant fortsetzt. Wegen der geringen Kreditwürdigkeit des Landes sind zudem die Kosten am Kapitalmarkt kaum mehr zu schultern. Selbst für einjährige Bonds werden mittlerweile happige Zinsen von fast zehn Prozent fällig.

Die Schuldenagentur bemühte sich um Schadensbegrenzung und setzte das Zuteilungsvolumen einer ohnehin nur lau nachgefragten Anleihe kurzerhand herab. Der Käuferstreik bei der Auktion gilt als deutliches Warnzeichen, dass das Land bei den Investoren immer mehr Kredit einbüßt. Gleichzeitig stiegen die Kosten für die Absicherung ungarischer Staatsanleihen per Credit Default Swaps (CDS) auf einen neuen Höchstwert. “Es gibt nur zwei Akteure, die diese Entwicklung stoppen können”, sagte ein Börsianer. “Die Notenbank mit einer Intervention oder Zinserhöhung und die Regierung, indem sie sich mit dem IWF einigt.”

Orbans Reformen im Visier von EU und IWF

Bereits in der kommenden Woche will Fellegi zum IWF nach Washington reisen und noch diesen Monat in Brüssel vorsprechen, um die dringend benötigten Finanzmittel loszueisen. Weder die EU noch der IWF seien aber bereit, die Gespräche über die Ende November erbetene Finanzhilfe fortzusetzen, solange die politische Unabhängigkeit der Notenbank nicht gesichert sei, bekräftigte ein EU-Sprecher in Brüssel. Bei den Treffen mit Fellegi werde nicht über die Kredithilfen gesprochen. Die EU argumentiert, dass sie sich als Geldgeber nicht auf den Werterhalt der Kredite an Ungarn verlassen kann, wenn die Zentralbank nicht unabhängig von politischen Weisungen für Preisstabilität sorgen kann.

Ungarn gilt mittlerweile als echter Problemfall für Brüssel: Die EU-Kommission hat die von Ministerpräsident Viktor Orban angestoßenen Verfassungsänderungen und die damit verbundenen neue Gesetze scharf als Verstoß gegen EU-Recht gerügt. Nicht nur die Unabhängigkeit der Notenbank, sondern auch von Richtern, Medien und der Datenschutzbehörde ist nach Befürchtung der EU in Gefahr. Die Kommission prüft, ob sie Ungarn zu einer Korrektur der Gesetze über Vertragsverletzungsverfahren zwingen kann. Fellegi deutete zumindest in Sachen Notenbank Kompromissbereitschaft an: Sollten Punkte am Zentralbankgesetz beanstandet werden, lasse er mit sich darüber reden, sagte er auf einer Pressekonferenz in Budapest. “Wir sind bereit, ohne Vorbedingungen zu verhandeln und alles zu besprechen, was auf den Tisch kommt.” Ungarn war bereits 2008 mit Notkrediten über 20 Milliarden Euro von EU und Internationalen Währungsfonds (IWF) über Wasser gehalten worden. Nun hofft die Regierung in Budapest auf Hilfen in ähnlicher Größenordnung.

(APA)

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