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NR-Wahl: In drei Monaten wird gewählt

Die Regierung wird kommende Woche den Wahltermin fixieren.
Die Regierung wird kommende Woche den Wahltermin fixieren. ©APA/Hans Punz (Themenbild)
In drei Monaten ist es soweit: Die NR-Wahl in Österreich findet statt. Der Wahltermin, 29. September, soll am Mittwoch in der Regierung beschlossen werden. Bereits jetzt starten vor allem die großen Parteien in den Wahlkampf.

Österreich wählt in drei Monaten einen neuen Nationalrat. Nach dem Skandal-Video von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und dem darauffolgenden Platzen der ÖVP-FPÖ-Koalition steht am 29. September der Urnengang an. Offiziell fixiert wird der Termin kommenden Mittwoch von Regierung und Parlament. SPÖ, ÖVP und FPÖ haben ihre Spitzenkandidaten schon gekürt, die anderen Parteien tun das im Juli.

Ausgelegt war die Türkis-Blaue Koalition auf mindestens zwei Legislaturperioden, wie Vertreter von ÖVP und FPÖ immer wieder betonten. Doch der gefallene FPÖ-Chef Strache selbst machte diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung: Gemeinsam mit seinem ehemaligen engen Weggefährten und "Leibfux" bei der Burschenschaft Vandalia Johann Gudenus legte er im Juli 2017 auf Ibiza den Grundstein zum Untergang der später geschlossenen Koalition mit der Volkspartei - und auch seiner eigenen Vizekanzlerschaft.

Ibiza-Video führte zu Regierungskrise in Österreich

In dem Mitte Mai von "Spiegel" und "SZ" veröffentlichten heimlich gefilmten Video schwadronierte Strache beim Treffen mit einer vermeintlichen russischen Investorin über Staatsaufträge für millionenschwere Spenden, ebenso fantasierte er von einer Übernahme der "Kronen-Zeitung". Am Tag nach der Veröffentlichung zogen Strache und Gudenus die Konsequenzen und traten zurück. ÖVP-Chef Sebastian Kurz soll darüber hinaus auch noch den Kopf von Innenminister Herbert Kickl gefordert haben, was die FPÖ aber klar ablehnte.

Am Abend desselben Tages beendete der türkise Obmann dann die Koalition und kündigte Neuwahlen an. Es folgte die Entlassung Kickls auf Antrag von Kurz, die FPÖ reagierte darauf mit dem Rücktritt nahezu der gesamten FPÖ-Regierungsriege. Nach der Einsetzung einer Interims-Regierung unter Kurz wurde diese dann - mittels einem von SPÖ, FPÖ und JETZT getragenen Misstrauensantrag - wenig später wieder aus dem Amt entfernt. Bundespräsident Alexander Van der Bellen installierte in Folge das Übergangskabinett von Kanzlerin Brigitte Bierlein, das die Geschäfte bis zur Neuwahl führen wird.

NR-Wahl am 29. September quasi fix

Der Wahltermin ist mit dem 29. September quasi fix - und zwar aufgrund der Formulierung des im Nationalrat vor zwei Wochen (12. Juni) erfolgten Beschlusses zur vorzeitigen Beendigung der Gesetzgebungsperiode (der Neuwahl-Beschluss). Ein konkreter Wahltermin wurde damit zwar noch nicht fixiert, festgehalten wurde aber, dass die Neuwahlen "im September" liegen werden. Dass nicht schon vor dem 29. September gewählt werden kann, dafür sorgten SPÖ und FPÖ mit einem Abänderungsantrag (sehr zum Missfallen der ÖVP, die gerne früher gewählt hätte). Mit diesem Antrag wurde festgelegt, dass der Neuwahl-Beschluss erst mit besagtem 3. Juli - das ist der kommende Mittwoch - in Kraft tritt.

Damit ist kein früherer Wahltermin als der 29. September möglich. Denn der Fristenlauf sieht eine gewisse Zeitspanne zwischen Inkrafttreten des Neuwahlbeschlusses und dem Wahltag vor. Der sogenannte "Stichtag" wird damit der 9. Juli sein - und zwischen Wahltag und Stichtag müssen mindestens 82 Tage liegen.

Regierung wird am Mittwoch den Wahltermin festlegen

Am Mittwoch wird nun die Regierung in der Ministerratssitzung (8.00 Uhr) per Verordnung den Wahltermin festlegen. Unmittelbar danach wird der Hauptausschuss des Nationalrates diesen Plan absegnen. Ausständig ist dann noch die Kundmachung im Bundesgesetzblatt, die bis zum 9. Juli (Stichtag) erfolgen muss. Danach beginnen die Fristen zu laufen - etwa für das Einreichen der Wahlvorschläge, was bis zum 12. August möglich ist.

Am 29. September schließlich folgt die Wahl, einen Tag danach die Auszählung der Briefwahl und am Donnerstag nach dem Wahlsonntag (3. Oktober) die Auszählung der Regionalkreis-fremden Wahlkarten.

Parteien bringen sich in Stellung

Die Parteien sind bereits in die Wahlvorbereitungen eingestiegen. Drei der etablierten Fraktionen - ÖVP, SPÖ und FPÖ - haben ihre Spitzenkandidaten bereits offiziell nominiert. Bei Grünen und NEOS folgt die Kür von Werner Kogler und Beate Meinl-Reisinger als deren Nummer Eins für den Urnengang jeweils am 6. Juli. Die Liste Pilz startet ihr Auswahlverfahren an diesem Samstag.

Vier der (voraussichtlichen) Spitzenkandidaten gehen erstmals für ihre Partei in eine Nationalratswahl: Für SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner, den designierten FPÖ-Chef Norbert Hofer, Grünen-Chef Werner Kogler und NEOS-Frontfrau Beate Meinl-Reisinger ist es die erste Nationalratswahl, in die sie ihre Parteien führen. Kogler und Hofer haben allerdings bereits Erfahrung als Spitzenkandidaten: Der FPÖ-Chef kandidierte 2016 für die Bundespräsidentschaftswahl, bei der er nach einem langen Wahlkampf dem nun amtierenden Präsidenten Alexander Van der Bellen in der Stichwahl recht knapp unterlag. Jetzt geht es für den passionierten Piloten darum, die blauen Trümmer nach dem Ibiza-Crash wieder zusammenzukehren. Als Wahlziel nannte Hofer, der dezitiert eine Neuauflage von Türkis-Blau anstrebt, "deutlich mehr als 20 Prozent". 2017 hatte die Partei noch 26 Prozent Stimmen erreicht.

Grünen-Chef Kogler kann sich auf starken Rückenwind verlassen

Auf starken Rückenwind aus der EU-Wahl von Ende Mai kann sich Grünen-Chef Kogler verlassen. Er führte die 2017 aus dem Nationalrat geflogene Partei dabei zurück zu alter Stärke: Als Spitzenkandidat erzielte er für die Öko-Partei bei der Europawahl satte 14,08 Prozent. Geplant war ursprünglich sein Gang ins EU-Parlament und der schrittweise Aufbau neuer Kandidaten für den Bund. Die unerwartet frühe Beendigung der Legislaturperiode machte diese Pläne aber zunichte. Daher verzichtete Kogler auf sein Europa-Mandat und führt die Partei nur wenige Monate nach der EU-Wahl erneut als Spitzenkandidat an. Auch im Bund soll nun das Kunststück des Comebacks gelingen, was laut Umfragen problemlos möglich sein sollte. Diese attestieren den Grünen Werte rund um die zehn Prozent.

Rendi Wagner geht für die SPÖ in den Wahlkampf

Für Rendi-Wagner, die das Amt der SPÖ-Vorsitzenden im vergangenen Jahr von Ex-Kanzler Christian Kern übernommen hatte, bedeutete die EU-Wahl hingegen einen schweren Dämpfer. Mit 23,9 Prozent schnitt die SPÖ nur eine Spur besser ab als bei ihrem schlechtesten Bundeswahlergebnis überhaupt (23,74 Prozent bei der EU-Wahl 2009). Die gelernte Medizinerin kämpft nicht nur mit schlechten Umfragewerten, sondern auch mit mangelndem innerparteilichen Rückhalt. Trotz aller Probleme gibt sich die zweifache Mutter kämpferisch: "Ich bin überzeugt, dass die Sozialdemokratie eine sehr gute Chance hat, das Ruder herumzureißen", sagte sie nach einer Krisensitzung Anfang Juni. Damals rebellierten Teile der Landesparteien (allen voran das Burgenland und die Steiermark) gegen die Vorsitzende und insbesondere gegen deren Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. Die ehemalige Gesundheitsministerin konnte die Begehrlichkeiten aber abwehren und auch die kritischen Landes-Vertreter erklärten danach, es bleibe personell alles so, wie es ist. Sollte das Ergebnis bei der Nationalratswahl allerdings ähnlich schlecht ausfallen wie bei der EU-Wahl, könnte die innerparteiliche Debatte wieder losbrechen. Die Umfragen der letzten Wochen sehen die Sozialdemokratie zwischen 20 und 23 Prozent (Ergebnis 2017: 26,9) und damit mit Respektabstand hinter der ÖVP auf Platz zwei und nur knapp vor der FPÖ.

Erstmals als Spitzenkandidatin ins Rennen geht auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Sie hat im Vorjahr die Parteiführung von Matthias Strolz übernommen und darf klar mit dem Wiedereinzug ihrer Pinken in den Nationalrat rechnen. Laut Umfragen liegt die Partei knapp vor oder hinter den Grünen bei rund 10 Prozent. Gegenüber dem letzten Urnengang würde das nahezu eine Verdoppelung der Stimmen bedeuten, 2017 erreichten die Pinken bei der Nationalratswahl 5,3 Prozent.

Wie stehen die Chancen für die Liste JETZT

Wenig Chancen geben die Meinungsumfragen der Liste JETZT. Die von Peter Pilz nach dessen Bruch mit den Grünen gegründete Liste startet erst am Samstag die Kandidaten-Suche. Die besten Chancen auf die Spitzenkandidatur dürfte Pilz selbst haben, er nannte im Vorfeld aber auch die Möglichkeit einer Doppelspitze oder eventuell auch ein nicht näher definiertes anderes System.

Angesichts der aktuellen Umfrageergebnisse entspannt zurücklehnen kann sich ÖVP-Chef Kurz. Der Partei des Altkanzlers werden derzeit Werte bis zu 38 Prozent prognostiziert. Schwierig werden könnte es allerdings nach der Wahl mit der Suche nach einem Koalitionspartner. Die FPÖ stünde zwar bereit, hier wurde aber viel Porzellan zerschlagen, das erst gekittet werden müsste. Mit der SPÖ gibt es so gut wie keine inhaltliche Übereinstimmung und andere Zweier-Koalitionen dürften sich rechnerisch kaum ausgehen. Bleibt die Option einer Dreierkoalition, wobei fraglich ist, ob sich etwa NEOS und Grüne dafür hergeben - ganz abgesehen davon, dass eine derartige Konstellation schwieriger zu managen wäre.

Kurz sorgte für Aufregung bei evangeliaklen Großevent in Wien

Etwas Sand in die geölte türkise PR-Maschinerie brachte ein Auftritt des Ex-Kanzlers bei einem evangelikalen Großevent in der Wiener Stadthalle. Bei der Veranstaltung "Awakening Europe" empfing der ÖVP-Obmann ein "Segensgebet" des evangelikalen Predigers Ben Fitzgerald, der laut Eigenangaben als früherer Drogendealer Jesus begegnet zu sein und seitdem missionarisch tätig ist. Dies brachte Kurz viel Kritik ein. Neben den politischen Gegnern äußerte sich auch die evangelische Kirche ablehnen. Religion dürfe nicht für politische Zwecke missbraucht werden, sagte etwa der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker.

Eigentlich soll der Intensivwahlkampf ja erst im September beginnen, die Kandidaten sind freilich schon jetzt im Wahlkampfmodus, allen voran Ex-Kanzler Kurz. "Unser Weg hat erst begonnen", plakatierte die ÖVP unmittelbar nach dem Misstrauensvotum gegen die Regierung Kurz. Aber auch die übrigen Kandidaten haben Sommer-Touren durchs Land geplant, um in den Kontakt mit der Bevölkerung zu kommen.

TV-Konfrontationen starten im September

Im September starten dann die TV-Konfrontationen im ORF, zu denen der Sender entgegen der üblichen Usancen auch den Grünen Spitzenkandidaten einlädt, obwohl die Partei derzeit nicht im Parlament vertreten ist. Kritik daran wies der ORF mit Verweis auf eine Relevanz-Studie zurück, die die hohe Wahrscheinlichkeit des Grünen Wiedereinzugs in den Nationalrat untermauerte. Daneben wird es noch zu zahlreichen TV-Duellen in den Privatsendern kommen. Bereits jetzt laufen schon erste Interview-Serien mit den Parteichefs. Erstmals hält der ORF auch vor Nationalratswahlen die traditionellen Sommergespräche ab, die ab 5. August starten. Bereits davor (ab 19. Juni) bittet Puls 4-Info-Chefin Corinna Milborn unter dem Titel "Österreich vor der Wahl" die sechs Parteichefs und -gründer an drei Hauptabenden zum Gespräch.

(APA/Red)

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