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Nostalgie bei der Aufführung „Die Korrektur eines Tunichtguts“ beim Theater im Kies

Zeno Langenbahn aus Vaduz in der Rolle von Vater Rhein.
Zeno Langenbahn aus Vaduz in der Rolle von Vater Rhein. ©Armin Loacker
Zahlreiche begeisterte Zuschauer wohnten am vergangenen Mittwoch, einem Sommerabend, der sich von der besten Seite zeigte, der Premiere des Theaterstücks „Die Korrektur eines Tunichtguts“ im Kies Kopf Areal in Altach bei.
Theater im Kies: "Die Korrektur eines Tunichtguts"

Schon 2023 wurde bei zahlreichen Veranstaltungen die Begradigung des Rheins beziehungsweise der Durchstich bei Diepoldsau, der vor 100 Jahren realisiert wurde, gefeiert. Zu diesem Anlass hat die aus Wien stammende und nun in Hohenems lebende Heidi Salmhofer mit viel Herzblut das Stück „Die Korrektur eines Tunichtguts“ geschrieben und aufgeführt. Ein Jahr später entschlossen sich jetzt die Stadt Hohenems und die Gemeinde Altach, dieses außergewöhnliche Stück erneut und zum Teil mit einer anderen Besetzung dem Publikum näherzubringen.

Der Titel des Theaterstücks hätte nicht besser gewählt werden können. Bei der Bezeichnung „Tunichtgut“ denkt man anfänglich eher an einen Menschen, der sich andauernd daneben benimmt, als an den Fluss, der im Bündnerland entspringt und in den Niederlanden ins Meer mündet. Mit Korrektur sind die zahlreichen Bemühungen gemeint, den Vater Rhein in richtige Bahnen zu lenken, um die im 19. Jahrhundert mehrfach stattgefundenen Überschwemmungen zu verhindern. Auch der Standort auf dem Kies Kopf Areal sucht seinesgleichen. Wenige hundert Meter weiter oben erfolgte der Diepoldsauer Durchstich. Ab diesem Zeitpunkt gibt es den Alten Rhein, der sich von Altach bis hinunter zum Zollamt Schmitter erstreckt und ein Juwel für Erholungssuchende darstellt.

Die 20 Schauspieler*innen setzen sich vorwiegend aus Amateuren von den Kulturvereinen Lustenau/Höchst, der Theatergruppe Rhybrugg Diepoldsau, des Theaterkreises Altach, des Spielkreises Götzis, des Musiktheaters Götzis und der Laienbühne Hohenems zusammen.

„Die Korrektur eines Tunichtguts“ – Eine Collage zurückblickend auf das 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart

Anfänglich wurde das Leid der Bevölkerung und die Ratlosigkeit geschildert, denn den mehrfachen Überschwemmungen des Rheins konnte nichts entgegengesetzt werden. Dann die Diskussionen der Männer in den Gaststätten. Bei diesen Mostrunden fasste sich der nicht mehr ganz nüchterne Johann Ender aus Mäder den Entschluss, beim Kaiser in Wien vorstellig zu werden, um um eine großzügige Hilfe zu bitten. Mit einem Pferd beritten, setzte er dies dann auch in die Tat um.

Amüsant war die Szene, wie der junge Mäderer Bursche versuchte, den Kaiser für sein Anliegen zu gewinnen. Die Vorarlberger Mundart und das Wienerisch vom Kaiser trugen anfänglich nicht viel zur Verständigung bei. Der Kaiserdiener fungierte als Übersetzer und schlussendlich wurde der Bitte um Hilfe stattgegeben.

Man schrieb das Jahr 1892. Ein Vertreter des Kaisers Franz Josef I. und einer des Schweizer Bundesrates sowie ein regionaler Vertreter trafen sich zur Unterzeichnung des Staatsvertrages zur Regulierung des Alpenrheins, im Theaterstück am Wasser des Alten Rheins beim Kieswerk. Man schöpfte Hoffnung. Es traten aber auch Bedenken auf, da für den Neuen Rhein auch wertvolles Ackerland geopfert werden musste.

Die nächsten Szenen handelten von Arbeitern beim Pausenbrot, welche sich Geschichten über ihre Arbeit erzählten. Romantik kam auf, als ein Altacher Mädel sich in einen Diepoldsauer verliebte. Außerdem machten sich Schmugglern das Fehlen von Zollschranken zu Nutzen.

Der Tag der Sprengung zum Durchstich – eingeleitet von noblen Festrednern – verlief nicht unbedingt zufriedenstellend. Das Wasser bahnte sich erst nur widerwillig den Weg zum Neuen Rhein in die Schweiz.

Der Alte Rhein weiß nicht nur von schönen Geschichten zu erzählen. Als der damalige Gauleiter Hofer im Jahr 1938 das Hitlerregime in Vorarlberg verkörperte, brach eine unheilvolle Zeit an. Er trat in seiner braunen Montur entschlossen vor das Publikum und begrüßte dieses mit „Heil Hitler“, was für Stille und Befremdung sorgte. Darauf folgten beeindruckende und nachdenkliche Szenen. Mehrere Hohenemser Juden stellten sich namentlich beim Publikum vor und erzählten ihre traurigen Geschichten vom Verlassen ihrer Heimat.

Der Schluss handelte von der Gegenwart, also davon, wie wir den Alten Rhein erleben – Erholungssuchende, Badende, Laufsportler, Radfahrer, Spaziergänger mit Hund und Fischer.

Schauspieler*innen

Sarah Bechter, Christian Beller, Ilse Benkic, Jasmin Gasser-Zäch, Naeli Gasser, Nalani Gasser,
Noëlle Gasser, Helmut Giesinger, Norbert Giesinger, Daniel Graber, Heinz Grabher, Birgit Hartmann, Michael Hartmann, Marielle Hartmann, Silvana Mainardi, Simon Martin, Regula Sieber und Marlene Solér-Häusle

  • Paula Czizegg – Regieassistentin
  • Kerstin Köck – Kostümbildnerin

Die weiteren Aufführungen:

23., 24., 30. und 31. August 2024 jeweils um 20 Uhr

Wetterbedingte Ersatztermine:

25. August sowie der 1. September 2024 um 20 Uhr

Tickets erhältlich unter: https://ticketist.io/events/theater-im-kies-2024-6

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