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Normpackungsgrößen abschaffen

Wenn der EU-Kommission die wirklichen Sorgen ausgehen, so hat es den Anschein, "erfindet" sie kurzerhand "Problembereiche". Jetzt sollen die genormten Verpackungsgrößen abgeschafft werden.

Wer
daraus Nutzen ziehen soll, ist offen: Industrie, Handel und
Konsumenten verneinen jede “Urheberschaft” am EU-Vorstoß.
Die derzeit genormten Verpackungsgrößen – Beispiel: 250 Gramm Butter,
1 Liter Milch – möchte der zuständige EU-Kommissar Erkki Liikanen
unter Hinweis darauf abschaffen, dass sie nicht mehr zeitgemäß seien,
dass sich die Gesellschaftsstrukturen in Richtung Kleinfamilien,
Singles, Pensionisten verschoben hätten und dass diese
Konsumentengruppen von kleineren Gebindegrößen im Supermarkt
profitieren würden. Den Einwand, dass Verbraucher die Preise nur noch
schwer bis gar nicht mehr vergleichen können, wenn Flaschen-, Dosen-
oder Packungsinhalte nach Belieben festgelegt werden dürfen, lässt
man in Brüssel nicht gelten: Dann müsse “das Augenmerk eben stärker
als bisher auf den Grundpreis eines Produktes gelegt werden”, weiß
der Kommissar die Skeptiker zu belehren.
Der Geschäftsführer der Handelssparte in der Wirtschaftskammer, Dr.
Manfred Fiel, glaubt nicht, dass sich “gegenüber heute rasch viel
ändert”. Wer kleine Größen oder Mengen kaufen wolle, könne das bei
gewissen Waren vielfach schon jetzt tun (Beispiel: Butter als
“Frühstücksportion” oder 1/8-Kilo), und bei Dingen wie Zahnpasta,
Alleskleber oder Schuh-Creme “stand schon bisher nicht die
Information über den Füllinhalt im Vordergrund der Kaufentscheidung”
(Fiel). Probleme für Konsumenten sähe Fiel am ehesten bei Getränken:
“Eine entsprechend geformte 0,45-Liter-Flasche Bier oder Limonade
dürfte von der gewohnten 0,5-Liter-Flasche für viele nicht auf Anhieb
zu unterscheiden sein.”

Die Sprecherin der Spar Österreich, Mag. Nicole Berkmann, erklärte,
dass die Konsumenten “gelernte Mengen” gewohnt sind und bevorzugen
und dass zumindest ihre Handelskette “da nicht dreinfunken” wolle. So
habe die Spar die von ihr offerierte 750 Milliliter-Packung Biomilch
Natur pur wieder aus dem Regal entfernt, weil sie vom Kunden nicht
angenommen wurde. Im übrigen ist Berkmann überzeugt, dass kleine
Packungsgrößen nicht an die Stelle der gewohnten größeren treten,
sondern ergänzend zu diesen angeboten würden. Und zum Thema
Grundpreis: “Der steht bei Spar seit zwei Jahren überall wo
erforderlich am Regaletikett – beachtet wird er aber nur von einer
Minderheit der KonsumentInnen”, wusste Berkmann.

“Angebot wird unvergleichbar”

“Wir sind klar für Übersichtlichkeit, Vergleichbarkeit und damit für
genormte Packungsgrößen”, erklärte Arbeiterkammer-Direktor Mag. Heinz
Peter in seiner Rolle als Konsumentenschützer. Er habe “nichts gegen
kleinere Größen, wenn diese wirklich vom Single nachgefragt sind,
sofern diese auch genormt und nicht ,exotisch’ sind”, so Peter. Für
den AK-Direktor steht außer Zweifel, dass ein völliges Abschiednehmen
von gewohnten Normgrößen “das Angebot zumindest tendenziell
schlechter vergleichbar macht – der Hinweis auf die Grundpreise ist
da nur ein schwacher Trost”. Er persönlich glaube auch nicht, dass
die Industrie hinter dem EU-Vorstoß steht, denn: “Die müssten ja
wieder in sündteure Produktionsstraßen, Förderbänder und
Abfüllroboter investieren.” Da tippe er schon eher auf den Handel als
Auslöser, dessen Preisschlachten auch jedem Österreicher bestens
geläufig sind.

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