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Nofretete: Antiker Hollywoodstar vom Nil

Vor 100 Jahren fanden Archäologen die Büste der Nofretete.
Vor 100 Jahren fanden Archäologen die Büste der Nofretete. ©EPA
Neben der Mona Lisa ist sie die wohl berühmteste Frau der Kunstgeschichte: Nofretete, die schöne Hauptgemahlin des Pharao Echnaton.

Am Donnerstag vor 100 Jahren wurde ihre Büste bei Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Ägypten gefunden. Der Archäologe Ludwig Borchardt leitete damals die Grabungen im mittelägyptischen Tell al-Amarna am Ostufer des Nils, bei denen insgesamt 14.000 Fundstücke geborgen wurden. Im Rahmen einer damals üblichen Fundteilung zwischen Ägypten und den Ausgräbern gelangten 5500 Objekte ins kaiserliche Berlin – darunter Nofretete.

Nofretete seit 2009 im Neuen Museum in Berlin

Seit 2009 ist die Büste der schönen Königin aus Kalkstein und Gips im Neuen Museum im Herzen Berlins zu sehen. Seitdem hatte das Museum etwa drei Millionen Besucher. Hauptanziehungspunkt für viele ist der alles überstrahlende Frauenkopf mit den mandelförmigen Augen, der geraden Nase und den geschwungenen, vollen Lippen. Für den derzeitigen Vorsitzenden der Deutschen Orient-Gesellschaft, Markus Hilgert, ist die Büste ein “Faszinosum”. Es sei unglaublich, dass ein Kunstwerk, das rund 3400 Jahre alt sei, “uns immer noch so sehr” anziehe.

“Sie ist uns in ihrer Schönheit vertrauter”

Nofretete schlage damit eine Brücke zwischen dem alten Ägypten und heute. “Sie ist uns in ihrer Schönheit vertrauter als andere Kunstwerke aus ihrer Zeit”, sagt Hilgert, der Altorientalist und Professor an der Universität Heidelberg ist. Ihre Gesichtszüge näherten sich unserer Ästhetik an. “Ist es Ägypten, ist es Hollywood oder Südamerika?”, könnte ein Betrachter mutmaßen, der nur die Büste sieht und nicht den Kontext, in dem sie steht, sagt Hilgert.

Ausstellung zu Ehren der Königin

Dieser Kontext ist Gegenstand der großen Ausstellung “Im Licht von Amarna – 100 Jahre Fund der Nofretete”, die das Neue Museum ab Freitag dieser Woche bis zum 13. April nächsten Jahres zeigt. Nicht nur Theologie und Kunst jener Zeit stehen im Mittelpunkt, erklärt das Museum zur Ausstellung. Auch der Alltag der Menschen in der damaligen Metropole Amarna soll widergespiegelt werden.

Zum einen werden Varianten der Nofretete-Büste gezeigt: ein unvollendeter Modellkopf, eine Standfigur und der Kopf einer einstigen Doppelsitzstatue – alle mit den sofort wiedererkennbaren Gesichtszügen. Auch eine Büste des Pharao Echnaton wurde eigens für die Schau rekonstruiert. Daneben zeigt das Museum zahlreiche bisher noch nicht ausgestellte Fundstücke: Fragmente von Fliesen, von Gefäßen, außerdem Fotos der Grabung, bei der Nofretete gefunden wurde.

Ägypten fordert Pharaonen-Gattin zurück

Besonders letztere dürften wieder Fragen nach der Rechtmäßigkeit von Nofretetes Aufenthalt in Berlin aufwerfen. Der ehemalige Chef der ägyptischen Altertümerverwaltung, Sahi Hawass, hatte sich in den vergangenen Jahren energisch dafür eingesetzt, die Pharaonen-Gattin an den Nil zurückzubringen. Mehrfach unternahm der prominente Ägyptologe diplomatische Vorstöße und forderte das Kunstwerk zurück. Unter anderem kündigte er 2011 an, eine offizielle Eingabe beim Auswärtigen Amt einreichen zu wollen.

Doch Hawass geriet in den Strudel der politischen Umwälzungen in Ägypten. Er war zeitweilig Minister für Altertumsgüter, wurde dann wieder entlassen. Zuletzt machte er Schlagzeilen, als er im Sommer in einem Berufungsprozess freigesprochen wurde, nachdem er zuvor zu einem Jahr Haft verurteilt worden war. In dem Prozess ging es um die Verpachtung des Souvenirladens im Ägyptischen Museum von Kairo, bei der Hawass das Vergabeverfahren missachtet haben soll.

Ägypten unter Mursi nicht an Nofretete interessiert

Die neue ägyptische Führung hat sich bisher offenbar noch nicht um die Nofretete gekümmert. Jedenfalls sind keine aktuellen Forderungen bekannt. Ohnehin dürfte es nicht leicht sein, Nofretete aus dem Neuen Museum loszueisen. Die deutschen Behörden bestehen auf der Rechtmäßigkeit der Fundteilung vor 100 Jahren. Kulturstaatsminister Bernd Neumann wies zum Jahrestag ägyptische Ansprüche auf die Büste in aller Deutlichkeit zurück: “Die Büste der Nofretete ist unzweifelhaft und zu Recht im Eigentum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz”, erklärte er am Mittwoch. (APA)

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