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Nimm die Brücke zu meiner Welt

Harald Dreher schlug die Brücke in eine andere Welt!
Harald Dreher schlug die Brücke in eine andere Welt! ©Pezold
Nimm die Brücke zu meiner Welt

Ein Erzähltheater mit Live-Musik bannte die Zuhörer 90 Minuten lang in ihre Sitze.

Lustenau. Der Reichshofsaal war voll besetzt, die Bühne in Schwarz getaucht, inmitten eines Lichtkegels saß ein einzelner Mann, bereit, die Vergangenheit, die Zukunft und die Gegenwart in 90 Minuten zu vereinen, ein Ganzes daraus zu machen, um es dann wieder zerbröckeln zu lassen. Am Dienstagabend drehte sich alles um Alzheimer und die Art und Weise, die ein Sohn fand, damit umzugehen. Arno Geigers Buch „Der alte König in seinem Exil” wurde von Harald Dreher, dem Sprecher des Abends, fulminant in Szene gesetzt. Für sein Buch wurde Arno Geiger mit dem Preis des Deutschen Hospiz- und Palliativ-Verbandes und dem Preis “Die zweite Realität” der Schweizer Demenz-Stiftung “Sonnweid” ausgezeichnet.

Die Socken sind im Kühlschrank

Alzheimer ist die Brück in eine andere Welt, nichts ist mehr so wie es war, Gegenwart und Vergangenheit vermischen sich zu einer undefinierbaren Farbe, nicht blau, nicht rot, nicht grün, verschwommen. Arno Geigers Buch erzählt auf eine liebevolle, herzerwärmende, traurige, lustige und faszinierende Weise, wie sein Vater „in Zeitlupe verblutet” und wie er als Sohn seine Schlüsse daraus zieht. Harald Dreher machte aus einer Bühne, die bis auf Arno Oehri mit seinem Klanglabor und ihm selbst komplett leer war, eine bunte, blühende Landschaft der Gedanken und Gefühle. Mit dieser Produktion der Villa Falkenhorst wurde Arno Geigers Buch auf die Bühne gebracht, das sich bis in die Tiefen der Seele mit der heimtückischen Krankheit Demenz befasst.

Der Stoff aus dem das Leben ist

Während also der Vater immer weniger wurde, sich quasi in sich selbst auflöste, den Verlust seiner inneren Heimat schmerzlich spürte und des Nächtens rastlos umherirrte, versuchte Arno Geiger einen Weg zu finden, die Brücke zu überqueren. Arno nahm den Vater an der Hand, durchlebte mit ihm die fixen Ideen, die aktiven Phasen, ging mit ihm aus dem Haus der Krankheit an die frische Luft und spürte, dass die Dinge im Herzen kein Ende nehmen.

Eine beeindruckende Inszenierung

Mit einer schauspielerischen Glanzleistung und einem Gefühl dafür, Wichtiges auch wichtig erscheinen zu lassen, rückte Harald Dreher das Stück ins rechte Licht, die Musikbegleitung von Arno Oehri und die Lieder des Männerchores rundeten ein Bild ab, das eigentlich gar nicht rund, sondern eher Konturenlos ist, das kein Gesicht hat, oder viele Gesichter, das die Geschichte erzählt von einem starken, resoluten Mann, der sich am Ende in sein Exil zurückgezogen hat. Nur manchmal erkennt man noch den König in ihm.

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