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Nikolic: Traum von Groß-Serbien ausgeträumt

Für Tomislav Nikolic, den Chef der Fortschrittlichen Partei, ist Groß-Serbien keine reale Option mehr. Statt dessen müsse man sich dem Zeitgeist anpassen und sich der EU annähern.

“Das Ideal eines Groß-Serbien ist nur ein Wunsch, ein Traum. Das habe ich auch so gesagt, als ich noch in der Radikalen Partei war.” Dies sagte der Chef der oppositionellen Serbischen Fortschrittlichen Partei, Tomislav Nikolic, in einem Interview mit der Tageszeitung “Presse” (Samstag-Ausgabe).

Der Neubeginn mit seiner Partei nach dem Bruch mit der Serbischen Radikalen Partei (SRS) sei “sehr schwer”. Die SRS sei lange im Aufwind gewesen und es schien nur eine Frage der Zeit, bis die Partei den “demokratischen Block” abgelöst hätte. “Doch der Aufstieg wurde von Vojislav Seselj gestoppt”, betonte Nikolic. “Ich konnte mich aus der Politik zurückziehen – oder einen Neuanfang wagen.”

Der vom UNO-Kriegsverbrechertribunal angeklagte Seselj, der nach wie vor Chef der SRS ist, sitzt seit sechs Jahren im UN-Gefängnis. Doch um eine Partei zu führen, müsse man frei sein – geistig und körperlich. “Er denkt zunehmend sprunghaft, einmal so, einmal so”, kritisierte Nikolic. Doch auch er, Nikolic, habe sich verändert, “weil sich die Umstände veränderten”. “Vor acht Jahren waren wir gegen jede Art Kooperation mit der EU. Heute bejahen wir eine EU-Mitgliedschaft, sofern im Assoziierungsabkommen der Status des Kosovo als Teil Serbiens definiert wird.”

“Mein Traum ist ein Serbien, das mit dem Westen und dem Osten kooperiert. Seselj kehrte zur Ideologie der 90er Jahre zurück und schloss jegliche Zusammenarbeit mit dem Westen aus. Das war der fundamentale Konflikt”, nannte Nikolic den Hauptgrund für die Spaltung der Radikalen. “Doch auch verletzte Eitelkeit spielte eine Rolle. Seselj will die Partei alleine führen, absolutistisch. Ohne jemanden, der ihm widerspricht. Doch eine Partei muss mit der Zeit gehen und daran denken, Wahlen zu gewinnen und zu regieren – nicht nur zu opponieren”.

Bei den Radikalen sei jeder Kontakt mit westlichen Diplomaten verboten. Seine Partei hingegen für alle Gespräche offen. Was den Kosovo angehe, gebe es keine Unterschiede. “Aber unser Kampf für den Kosovo geht davon aus, dass wir die Grenzen anderer UN-Mitglieder respektieren. Für mich ist zwar fraglich, ob Kroatien ein demokratischer Staat ist. Kroatien hat die Serben vertrieben – und erlaubt ihnen nicht, zurückzukehren. Aber ich stelle nicht die Grenzen infrage.”

Die EU habe sich im Kosovo viel zu stark eingemischt – “und auf die albanische Seite geschlagen”. Nun wisse sie nicht, wie sie sich aus dieser Situation herauswinden solle. “Die EU installiert ihre Mission im Kosovo als eine Art Besatzung. Die Annahme, dass Serben alles akzeptieren müssen, was die EU fordert, provoziert nur Widerstand.”

Ob er sich vorstellen könne, irgendwann einmal Kosovo-Premier Hashim Thaci die Hand zu geben? “Nein, warum sollte ich das tun? Es ist immer noch nicht klar, ob er ein Kriegsverbrecher ist. Es gab nie einen Prozess in seinem Fall. Er ist der Mann, der einen Teil unseres Territoriums geraubt hat”.

Zur Wahrnehmung im Westen, er habe eine “Wandlung” vom Ultranationalisten zum Pro-Europäer der rechten Mitte durchgemacht, sagte Nikolic: “Komisch ist vor allem, wie sich der Westen seine Lieblinge wählt. Je weniger sich jemand um Serbien kümmert, desto mehr wird er im Westen geliebt. Ich bin kein Ultranationalist – und auch nie einer gewesen. Doch wenn ein Serbe sagt, er sei Nationalist, ist er im Westen immer ein Ultra. Dabei liebe ich Serbien genauso so stark, wie Amerikaner Amerika lieben”.

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