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Nightmare Alley - Kritik und Trailer zum Film

Die Romanverfilmung "Nightmare Alley", die 1947 als Noir-Thriller erstmals in die Kinos kam, dreht sich um den Aufstieg und Fall eines Gauners im Zirkus- und Hellsehermilieu. Bradley Cooper spielt den Schausteller Stan, der in der reichen New Yorker Szene um 1940 als gefeiertes Medium ein riskantes Spiel treibt. Cate Blanchett, Rooney Mara, Toni Collette, Willem Dafoe und weitere Stars gehören der Besetzung an.

Oscar-Gewinner Guillermo del Toro ist zurück - mit einem alten, für ihn jedoch neuen Genre: dem Film noir. Mit "Nightmare Alley" wendet sich der Meister des Creature-Horrors von dem ihm vermeintlich eigenen Genre ab, in dem er zuletzt mit "Shape of Water" einen wahren Preisregen einfuhr. Stattdessen adaptiert del Toro mit exquisitem Starensemble William Lindsay Greshams gleichnamigen Krimi aus 1946 als den kurzen Aufstieg und tiefen Fall eines Mannes. Ab Donnerstag im Kino.

Nightmare Alley - Kurzinhalt zum Film

Del Toro bietet dabei gleichsam 2 Filme zum Preis von 1. So ist seine Erzählung rund um den ebenso charismatischen wie moralisch verfallenen Protagonisten Stanton Carlisle (Bradley Cooper) in zwei klar voneinander geschiedene Teile gegliedert. In der ersten Hälfte heuert der ziel- und wortlos durch den Mittelwesten streifende Carlisle mehr aus Zufall in einem fahrenden Wanderzirkus an, wo er die Kartenlegerin Zeena (Toni Collette) und ihren Mann Pete (David Strathairn) kennenlernt, der vor seiner Alkoholsucht als Mentalist tätig war.

Während er sich von Zeena nicht nur die Karten legen lässt, saugt er Petes Fähigkeiten geradezu besessen in sich auf und wird langsam selbst zum geschickten Gedankenleser, der jedoch mit einem Leben als Jahrmarktattraktion längst nicht zufrieden ist. Er bandelt mit der unschuldigen Molly (Rooney Mara) an, die im Zirkus mit einer Elektrizitätsshow reüssiert und lässt schließlich die Welt des ebenso rauen wie letztlich menschlichen Vaudeville - zu der auch Stars wie Willem Dafoe oder Ron Perlman gehören - gemeinsam mit ihr hinter sich.

Nun erfolgt der harte stilistische Bruch hin zu Stanton und Molly ins New York des Jahres 1941, wo er als Mentalist den Erfolg sucht und hat. Doch auch die abendlichen Kleinkunstaufführungen befriedigen Stantons Drang nach Höherem nicht. Mithilfe der geheimnisvollen Psychiaterin Lilith Ritter (Cate Blanchett) versucht er, die Reichen als Medium mit Taschenspielertricks auszunehmen und wagt sich dabei gar an den gefährlichen Magnaten Ezra Grindle (Richard Jenkins). Doch die Sache gerät aus dem Ruder.

Nightmare Alley - Die Kritik

Del Toro, dessen bisheriges Oeuvre durch die Hinwendung zu den Schwachen und einem durchaus moralischen Impetus gekennzeichnet war, in dem das vermeintliche Monster meist das Opfer war, rückt nun einen Antagonisten ins Zentrum seiner Erzählung. Wie Woody Allen in "Match Point" zeichnet del Toro den skrupellosen Aufstieg eines Mannes aus einfachen Verhältnissen nach, folgt diesem Antihelden, der wenige Sympathien für sich reklamieren kann und doch den Film trägt.

Bradley Cooper ist dabei lange ein beinahe prototypischer Noir-Mann, der wenig sagt, bis ihm das Ziel vor Augen steht. Und doch ist er, wie sooft im Noir, letztlich nicht der eigentlich Dominante, sind ihm die drei Frauen, die über die Erzählung hinweg seinen Weg kreuzen, doch letztlich überlegen. Vor allem Cate Blanchett ist als Psychologin Lilith eine Femme fatale wie aus dem Buche, die dem Homme fatale ein mehr als ebenbürtiges Gegenüber ist. Hier feiert "Nightmare Alley" ein Hochamt der ambivalenten Beziehungen, wie man es abseits des Noir-Genres selten zu sehen bekommt.

So schafft del Toro, der mit Kim Morgan gemeinsam auch die Romanadaption geschrieben hat, echten Film noir, lässt Blicke und Pausen sprechen, inszeniert im harten Chiaroscuro im Stile eines Schwarz-Weiß-Films und setzt auf Schwarzblenden für Szenenwechsel. Würde eigentlich nur noch das genretypische Voice-over fehlen, zu dem sich der Regisseur dann doch nicht durchgerungen hat. Stattdessen scheint im ersten Kapitel von "Nightmare Alley", der Jahrmarkt-Sektion, del Toros Liebe zum Randständigen, scheinbar Monsterlichen klar durch - ebenso wie die allgemeine Faszination des US-Kinos für das Vaudeville.

Und doch gelingt inmitten dieser in vielen Schichten verpackten Genrefeier auch eine klare Charakterzeichnung, das psychologische Porträt eines Mannes, der den Amerikanischen Traum in seiner pervertierten Variation auslebt und daran zugrunde geht. So trifft sich "Nightmare Alley" am Ende dann doch wieder mit dem bisherigen Del-Toro-Œuvre, das von "Pans Labyrinth" bis "Shape of Water" reicht: Das Monster sind immer diejenigen, die äußerlich keines sind.

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(APA/Red)

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