In etwa einem halben Jahr wird man wohl wissen, ob aus Wien ein revolutionäres neues Herzinfarkt-Medikament kommen könnte – oder nicht: Das Wiener Biotech-Unternehmen Fibrex Medical hat die Aufnahme der Patienten für die Erprobung des von ihm entwickelten Wirkstoffs FX06 bei Patienten mit einem frischen Herzinfarkt in seiner Phase-II-Studie mit nunmehr 234 Patienten 33 Zentren und zehn Staaten Europas beendet. Das potenzielle Medikament soll Folgeschäden am Herzmuskel verhindern, die durch die heute häufigsten angewandten Therapien hervor gerufenen werden.
Es geht darum, den sogenannten Reperfusionsschaden bei Infarktpatienten nach einer Ballon-Dilatation oder der Einfügung eines Stents (Gefäßstütze, Anm.) zum Offenhalten eines zuvor verschlossenen Koronargefäßes zu verhindern. Aus Tierversuchen wissen wir, dass bis zu etwa 50 Prozent des Herzmuskelschadens nach einem auf diese Weise behandelten Infarkts von diesem Reperfusionsschaden her stammt, erklärte Dr. Rainer Henning, Geschäftsführer von Fibrex Medical.
Beim Herzinfarkt verschließt ein Gerinnsel eine Herzkranzarterie. Ohne Wiederherstellung des Blutflusses würde das von dem Blutgefäß versorgte Muskelareal absterben. Doch der beim Infarkt entstehende Sauerstoffmangel führt auch dazu, dass umliegende Muskelareale auf Winterschlaf umschalten.
Wird durch die neuen Therapien dann plötzlich die Blut- und somit die Sauerstoffversorgung wieder hergestellt, verursacht das zusätzliche Schäden, die nicht notwendig sind. Henning: Es kommt durch das plötzliche Sauerstoffangebot zu einer Entzündungsreaktion, die das Herz weiter schädigt.
FX06 soll genau das verhindern. Das Peptid, ein Eiweißbestandteil, wurde von Peter Petzelbauer von der Medizinischen Universität Wien am AKH entdeckt. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Erforschung der Endothelzellen. Das sind jene Zellen, welche als innere Schicht die Blutgefäße auskleiden. Normalerweise ist diese Schicht dicht, doch bei Entzündungen, Schockreaktionen etc. wird sie undicht, so dass Flüssigkeit und Zellen des Immunsystems in das umliegende Gewebe gelangen können. Beim Reperfusionsschaden nach einem Herzinfarkt ist genau das der Fall und führt zu möglicherweise vermeidbaren Zell-Schädigungen.
Der synthetisch herstellbare Wirkstoff, den Fibrex Medical klinisch prüfen wird, ist das Peptid B-beta 15-42, ein 28-Aminosäuren-Fragment des körpereigenen Proteins Fibrin. Der Fibrex-Geschäftsführer erklärte dazu: Dieses Peptid macht die Endothelzell-Schicht wieder dicht und verhindert somit Entzündungsreaktionen.