AA

Neuere Schizophrenie-Medikamente besser

©APA
Rund 80.000 Menschen leiden in Österreich an Schizophrenie. Nur etwas mehr als die Hälfte der Behandelten erhält nebenwirkungsärmere Antipsychotika der 2. Generation.

Dabei lässt sich mit ihnen die Therapietreue der Betroffenen deutlich erhöhen. Das hat eine internationale Studie unter niederländisch-österreichischer Leitung ergeben, die vor kurzem im “Lancet” publiziert wurde.

“Für die Langzeitprognose der Schizophrenie hat die Aufrechterhaltung der Dauertherapie eine ganz große Bedeutung. Von den Patienten, die am Beginn auf die Behandlung gut ansprechen und die damit wieder aufhören, erleiden 60 bis 80 Prozent einen Rückfall. Werden die Medikamente dauerhaft eingenommen, kommt es zu einer Reduktion dieses Rezidiv-Risikos auf 20 Prozent”, sagte Wolfgang Fleischhacker, Spezialist der psychiatrischen Universitätsklinik in Innsbruck, am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Nur bei 15 bis 21 Prozent der Menschen, die eine Schizophrenie entwickeln, bleibt es bei einer symptomatischen Krankheitsepisode. Bei den übrigen entwickelt sich eine chronische Erkrankung.

Nach den mit starken Nebenwirkungen behafteten Schizophrenie-Medikamenten der ersten Generation gab es vor rund zehn Jahren eine wesentliche Neuentwicklung: die atypischen Antipsychotika der zweiten Generation, bei denen vor allem Parkinson-ähnliche Nebenwirkungen und andere motorische Störungen (steifer Gang etc.) deutlich seltener auftreten. Fleischhacker und ein niederländisches Team haben nun erstmals in einer ein Jahr langdauernden sehr praxisnahen Studie an 498 Patienten mit neu entwickelter Schizophrenie untersucht, wie viele von ihnen – je nach verwendetem Medikament – nach einem Jahr noch die Behandlung akzeptierten. Per Zufall hatten die Kranken im Alter zwischen 18 und 40 Jahren, 40 Prozent von ihnen waren Frauen, entweder das alte Neuroleptikum Haloperidol oder eines der neueren Arzneimittel (Amisulprid, Olanzapin, Quetiapin und Ziprasidon) erhalten.

Der Experte: “Alle neueren Medikamente waren dem Haloperidol deutlich überlegen. Insgesamt waren mehr als 60 Prozent der Patienten unter den neueren Arzneimitteln nach einem Jahr noch in Therapie. Der Unterschied zu Haloperidol war dramatisch.” Bei einer Behandlung mit dem klassischen Neuroleptikum hatten rund 70 Prozent der Patienten die Behandlung abgebrochen.

Die Therapie-Abbruchraten lagen unter Haloperidol bei 72 Prozent, unter Amisulprid bei 40 Prozent, bei Behandlung mit Olanzapin bei 33 Prozent (allerdings mit stärkeren Stoffwechselveränderungen verbunden, Anm.), unter Quetiapin bei 53 und unter Ziprasidon bei 45 Prozent.

Die Studie, die vor kurzem im “Lancet” publiziert wurde, war deutlich praxisnäher als die klassischen Zulassungsstudien für solche Medikamente. So waren die Patienten rund 15 Jahre jünger als in den Wirksamkeits-Untersuchungen. Die Schizophrenie bricht meist im Alter zwischen 15 und 30 aus. Darüber hinaus handelte es sich um 40 Prozent Frauen, was auch der “echten” Geschlechterverteilung der Krankheit entspricht. Wichtig wäre auch die möglichst frühzeitige Behandlung, weil es dann bei 70 bis 80 Prozent der Betroffenen zu einem sehr guten Ansprechen kommt und die Symptome oft vollständig oder fast vollständig verschwinden.

Die höheren Kosten durch die neueren Medikamente sollten für das Gesundheitswesen keine Rolle spielen. Am teuersten sind nämlich allfällige Spitalsaufenthalte, die sich verhindern ließen. Fleischhacker: “Die Medikamentenkosten in der Schizophreniebehandlung machen nur einen marginalen Anteil an den gesamten Behandlungskosten aus.” Die Studie wurde von Pharmaunternehmen nur indirekt über eine Stiftung unterstützt.

  • VIENNA.AT
  • Gesundheit
  • Neuere Schizophrenie-Medikamente besser
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen