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Neuer OMV-Chef Roiss lässt Strategie überarbeiten

Der neue OMV-Chef Gerhard Roiss, der am Freitag im Mineralölkonzern die Nachfolge von Wolfgang Ruttenstorfer antritt, lässt bis September die Strategie des Unternehmens überprüfen. In den nächsten zehn Jahren werde die Portfolio-Umstellung im Zentrum stehen, nachdem die OMV in den letzten zehn Jahren regional gewachsen sei, sagte Roiss am Donnerstag.
Speziell in Exploration und Produktion (E&P) sowie Gas und Öl sei das Wachstum zu setzen, das Geschäft in Refining & Marketing (R&M) dagegen schrumpfe in Europa. Vor allem auf den Weg der OMV vom Öl über Gas zu Strom – auch aus eigenen Kraftwerken – werde man achten, noch heuer starte das Gas- und Strom-Trading. Bei der Expansion ziehe man die Grenzen enger: “Gas in Aserbaidschan ist uns wichtiger als Gas in Neuseeland.”

OMV positioniert sich neu

Die Antwort auf die Frage, wohin die OMV ihre Investitionen künftig regional lenken werde, sei “sehr klar”, sagte der neue Konzernchef in seinem Antrittspressegespräch: entlang der Donau bis zur Schwarz-Meer-Region, die Türkei und Umgebung, Aserbaidschan, Nord-Irak, auch Nordafrika sowie der Nahe und Mittlere Osten.

Mit dem Kurs “vom Öl über Gas zu Strom” sei die OMV “am richtigen Weg”. Öl und Gas würden zwar nach wie vor das Kerngeschäft bilden, dabei werde aber die Bedeutung von Erdgas zunehmen, jene von Erdöl abnehmen. Die OMV produziere jährlich rund 8 Mrd. m3 eigenes Erdgas – in Rumänien, Österreich und der Nordsee. Vermarktet würden von der OMV jährlich bereits 18 Mrd. m3. Und im Transport wickle man mittlerweile 68 Mrd. m3 pro Jahr ab – ein Volumen, das etwa der Hälfte der russischen Gaslieferungen nach Europa entspricht.

Nabucco spielt Rolle für Versorgungssicherheit

Durch sinkende Eigenförderung und wachsenden Gaskonsum drohe Europa zunehmend eine Gas-Lücke, die durch AKW-Stilllegungen noch größer werden könnte. Da komme der Nabucco als “Gas-Highway” und “Jahrhundertprojekt” eine wichtige Rolle zu. Freilich sei dieses Vorhaben auch “komplex” – mit “zahlreichen Herausforderungen” und einem “Bündel” von Entscheidungen, die noch zu treffen seien. Auch unter seiner Ägide werde die OMV für Stabilität und Versorgungssicherheit stehen.

Der Kunststoffhersteller Borealis, an dem die OMV mit 36 Prozent beteiligt ist, könnte an die Börse gehen. “Es ist richtig, dass wir historisch immer von einem möglichen Börsegang gesprochen haben. Das gilt auch heute noch. Aber wir planen nichts Konkretes”, sagte Roiss auf eine entsprechende Frage. An dem Unternehmen, das seinen Sitz seit einiger Zeit in Wien hat, hält 64 Prozent der OMV-Kernaktionär IPIC. Bei 6,27 Mrd. Umsatz erzielte Borealis 2010 einen Nettogewinn von 333 Mio. Euro.

Aus der “Insider-Causa” Ruttenstorfer zieht der OMV-Konzern Lehren. Diesen Montag sei beschlossen worden, dass die rund 300 Mitarbeiter im Vertraulichkeitsbereich künftig nur noch viermal jährlich in Zeitfenstern von jeweils 30 Tagen OMV-Aktien kaufen oder verkaufen dürfen, darüber hinaus nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Compliance Officer, sagte Roiss. Wie berichtet wurde der scheidende OMV-Chef im Zusammenhang mit einem Aktiendeal im Vorfeld des MOL-Verkaufs durch die OMV in einem Strafprozess in erster Instanz freigesprochen und in einem Verwaltungsverfahren – ebenfalls noch nicht rechtskräftig – zu einer von der Finanzmarktaufsicht (FMA) verhängten Geldstrafe verurteilt. Per 12. November 2010 hat Roiss laut OMV-Homepage (“Director’s Holdings”) 174.528 OMV-Aktien gehalten, Ruttenstorfer 45.030 Stück, andere Vorstandsmitglieder zwischen 12.000 und 59.000. Heute notieren die Aktien bei 31,50 Euro.

Angesprochen auf jüngste Polit-Kritik an der OMV in Rumänien verwies Roiss darauf, dass die OMV in dem Land seit 2005 rund 6,6 Mrd. Euro investiert und bisher insgesamt mehr als 10 Mrd. Euro Steuern abgeführt habe. Dem stünden seit dem Petrom-Erwerb durch die OMV lediglich etwas über 800 Mio. Euro Dividendenzahlung gegenüber – für die gesamte Petrom, an der die OMV aber nur 51 Prozent hält. (APA)

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