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Neuer ÖBB-Finanzchef beendet Spekulationsdeal

Josef Halbmayr, seit 40 Tagen Finanzvorstand des ÖBB-Konzerns, will reinen Tisch bei den Spekulationsgeschäften der vergangenen beiden Jahre machen und heuer das gesamte Risiko zurückstellen, was die Bilanz mit voraussichtlich 438 Mio. Euro belasten wird.

Wie hoch dadurch der Jahresverlust 2008 klettert, wollte Halbmayr am Donnerstagabend bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten nicht sagen. Nach der geplanten Wertberichtigung könnten die Spekulationspapiere 2009 verkauft werden und einen (kleineren) Teil der erlittenen Verluste wieder in die ÖBB-Kassen zurückfließen lassen.

Bei den komplizierten Spekulationsgeschäften handelt es sich um die 2005/06 erfolgte Übernahme von Kreditrisken der Deutschen Bank, ironischerweise um “das Risiko zu streuen”. Als Gegenleistung für die Übernahme für ein Risiko von 612,9 Mio. Euro bekommen die ÖBB von der Bank bis 2015 jährlich etwa 3 Mio. Euro.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann die gesamte Summe schlagend werden. Weil wegen der Finanzkrise diese Kriterien (Firmenpleiten) zum Teil schon erfüllt sind, sind die Papiere bereits weniger wert geworden. Per Ende 2007 mussten 242 Mio. Euro bereits zurückgestellt werden. Mit der Rückstellung von weiteren 438 Mio. Euro im laufenden Jahr wäre bilanziell für einen Gesamtausfall vorgesorgt, obwohl für diesen Fall aber noch für die nötige Liquidität gesorgt werden müsste, wie Halbmayr andeutete.

“Wir sind jedenfalls gut beraten, einen neuen Realismus einkehren zu lassen”, sagte der Finanz-Vorstand unter Bezugnahme auf die Spekulationspapiere. “Eine gänzliche Vorsorge würde die Planbarkeit für die folgenden Jahre entscheidend erhöhen.” Die Frage, ob 2008 alles rückgestellt werden kann, hängt allerdings noch wesentlich von der Einschätzung der Wirtschaftsprüfer ab.

Die Geschäfte waren 2005 zunächst am zuständigen Vorstand dabei angebahnt und im Herbst 2005 am Aufsichtsrat vorbei abgeschlossen worden, wie sich aus Aussagen vor Gericht ergibt. Ein Rücktritt wäre damals zu Kosten von mehr als 10 Mio. Euro nachträglich noch möglich gewesen, erfolgte aber nicht. Die Causa führte dieses Jahr zum Rückzug des Vorgängers von Halbmayr, Erich Söllinger. Die ÖBB prozessiert wegen dieses Geschäfts derzeit mit der Deutschen Bank vor dem Handelsgericht Wien. Für 2009 erwägt Halbmayr, die Papiere, für die er 2008 bereits Vorsorge getroffen hat, zu verkaufen – wenn die ÖBB eine Investmentbank finden, die bereit ist, dieses Risiko zu “kaufen”. Damit würde die Bahn einerseits die Verluste wirklich realisieren (abschreiben), andererseits aber doch noch etwas zurückbekommen.Voraussetzung ist allerdings der gute Wille des derzeitigen Prozessgegners: “Die Deutsche Bank müsste einem solchen Verkauf zustimmen”, räumte Halbmayr ein. Belastbare Einschätzungen von Investmentbanken über den Wert der Papiere habe man bisher nicht bekommen können. In allen Dingen rund um die CDO suche der ÖBB-Vorstand jedenfalls die “enge Kooperation mit dem Aufsichtsrat”.

Im operativen Geschäft 2008 (exklusive Wertberichtigungen und Zinszahlungen) wird die ÖBB Gewinne schreiben, bekräftigte Halbmayr ohne ins Detail zu gehen. Auf die Frage, wie weit sich die Wirtschaftskrise auf das Geschäft der Güterverkehrstochter RCA auswirkt, sagte er: “Jede Veränderung in den Märkten beinhaltet Chancen und Risken.” Der Personenverkehr (für den er noch Finanzvorstand ist) werde heuer jedenfalls Millionen Passagiere mehr transportieren.

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