Die Geschichte der flächendeckenden terrestrischen Digitalisierung des Fernsehens (Ersatz der Drahtantenne) ist eine Geschichte voller Missverständnisse. So scheint es zumindest derzeit, knapp zwei Wochen vor dem Start in Österreich, wo – symbolträchtig – am Nationalfeiertag die Lichter zur digitalen TV-Zukunft angehen sollen.
Und auch bald wieder ausgehen könnten – zumindest in jenen Haushalten, die ihre TV-Programme derzeit über Haus- oder Zimmerantenne oder via analogem Satellit empfangen. Bereits im Frühjahr 2007 werden die ersten analogen Frequenzen abgeschaltet. Und dann sitzen all jene, die nicht rechtzeitig vorgesorgt haben, vor einem schwarzen Fernsehschirm.
Die Geschichte mit der Vorsorge ist jedoch auch nicht frei von Missverständnissen. Denn dafür gilt es in das Kürzel-Dickicht rund um DVB-T (Digital Video Broadcast – Terrestrial) und MHP einzutauchen, in dem ab 26. Oktober die Fernsehzukunft Österreichs liegt. Eine Zukunft, die für bis zu drei Millionen Österreicher erst einmal mit Aufwand und Kosten verbunden ist.
Enorme Preisunterschiede
Der Empfang über Antennen wird nur noch möglich sein, wenn der Konsument eine so genannte Set-Top-Box zwischenschaltet. Diese Geräte wandeln das digitale Signal in Bild und Ton um. Erhältlich sind diese Receiver in Elektromärkten. Kostenpunkt: zwischen 30 und 200 Euro. Wie sich diese große Preisspanne erklärt?
Unterschieden wird zwischen zwei Modellen. Es gibt MHPtaugliche Geräte und solche, die das nicht sind. MHP steht für Multimedia Home Plattform und unterstützt künftig auch interaktive Zusatzdienste sowie einen erweiterten Teletext. Diese Differenzierung spielt für das von der Rundfunk-Regulierungsbehörde erdachte Fördersystem* eine entscheidende Rolle.
Macht es sich also bezahlt, die bedeutend teureren MHP-fähigen Boxen zu kaufen, wenn man trotz etwaiger Förderung mehr bezahlt als für eine gewöhnliche DVB-T-Box? Die Verwirrung bei den Konsumenten ist derzeit sehr groß. Wir raten mit dem Kauf einer DVB-T-Box noch zu warten, sie könnten mit der steigenden Nachfrage günstiger werden, so Paul Srna vom Verein für Konsumentenschutz, der auch die Informationspolitik der verantwortlichen ORF-Tochter ORS kritisiert: Die offizielle Informationkampagne läuft sehr schleppend. Die Leute kennen sich noch immer nicht aus. Unter www.konsument.at gibt es auf die häufigsten Fragen zur Umstellung Antworten.
*SO WIRD DER UMSTIEG GEFÖRDERT
Bedingung für den Erhalt der 40-Euro-Förderung ist der Kauf einer MHP-fähigen DVB-T-Set-Top-Box. Diese Gerät muss zudem mit einem eigens kreierten TÜVPrüfzeichen ausgestattet sein. MHP-taugliche Boxen kosten im Handel zwischen 100 und 150 Euro. Herkömmliche Geräte (nicht MHP-fähig) gibts ab 30 Euro. Alle bei der GIS angemeldeten Haushalte erhalten ab dem 17. Oktober einen 40-Euro-Gutschein für den Kauf einer DVB-T-Box. Dieser Gutschein kann innerhalb von zwei Monaten ab Sendestart eingelöst werden, gilt aber nur für die ersten 100.000 Käufer. Gebührenbefreite Haushalte erhalten diese Förderung in jedem Fall.
DREI FRAGEN AN…
… Michael Wagenhofer, kaufmännischer Direktor der ORS BILDERBOX, ORS
1. Ab wann werden die ersten TÜV-zertifizierten Boxen im Handel erhältlich sein?
MICHAEL WAGENHOFER: Die ersten Geräte sind schon jetzt erhältlich. Der Rest wird in den kommenden Tagen folgen.
2. Warum sollte ein Konsument auf ein teureres MHP-taugliches Gerät zurückgreifen?
WAGENHOFER: Ausschlaggebend sind die Dienste, die er zusätzlich angeboten bekommt. Es wird einen erweiterten Teletext geben sowie neue interaktive Angebote wie etwa Spiele. Außerdem ist der Preisunterschied nicht so groß. Auch nicht MHP-taugliche Boxen kosten rund 60 Euro. Die darunter liegenden Billigangebote sind von der Qualität nicht vergleichbar.
3. Derzeit sind noch viele Konsumenten verunsichert.
WAGENHOFER: Unsere Informationskampagne hat ja erst begonnen und wird auch in den nächsten Monaten weitergeführt. In der ersten Jahreshälfte haben wir vor allem den Handel informiert.